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So, 06:52 Uhr
19.04.2015

Forum: Sie denkt an mich

Eine Leserin der Nordthüringer Online-Zeitungen erhielt gestern eine persönliche Einladung ihrer Krankenkasse. Alles weitere dazu in Ihrer Mail an unsere Redaktion...


Ich bin 55 Jahre geworden und meine Krankenkasse denkt an mich. Ich bekomme eine Karte, auf der steht, das ich jetzt eine Darmspiegelung durchführen lassen kann.

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Meine Krankenkasse muss wirklich meinen, dass ich ein unmündiger Bürger bin und nur darauf warte von irgendwem zu irgendeiner Vorsorgeuntersuchung eingeladen zu werden. Einladung klingt immer gut. Aber ich weiß selbst, was für mich gut ist und einer Einladung folge ich nur, wenn sie von guten Freunden kommt.

Das Gesundheitssystem ist ein wirtschaftlicher Sektor und alle Beteiligten wollen verdienen. Das ist legitim. Kann dann jemand an meiner Gesundheit interessiert sein? Wenn ich tatsächlich gesund bin, verdient ja keiner an mir. Oder gibt es heute keine gesunden Menschen? Man gibt sich wirklich viel Mühe Ängste zu schüren. Sich nicht durch Ängste treiben zu lassen, sondern sachlich und mit kühlem Kopf zu entscheiden, was für einen selbst das richtige ist, das ist die Kunst in der heutigen Zeit.

Vielen Dank Krankenkasse.
Ruth Altzschner, Nordhausen
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Kommentare
Real Human
19.04.2015, 14.02 Uhr
Das kleine Arschloch, der Liebe Gott und seine „Reparaturklempner“
Liebe Frau Altzschner!

Um mit Meister Röhrich, der Comicfigur von Rötger Feldmann (Künstlername Brösel) zu sprechen: „Ja, Frau Hansen, ich versteh' die Proplematik ...“ (https://www.youtube.com/watch?v=7BxaR9WALWw) Und ich habe absolut keinen Bock drauf, mir irgendwann ein „Schnüffelstück“ einsetzen zu lassen – Sie sicher auch nicht?

Leider war der „Liebe“ Gott kein Klempner, oder er hat schon im ersten Lehrjahr die wichtigsten Prüfungen nicht bestanden. Besonders im Fach Ethik scheint er durch empathische Unterbelichtung geglänzt zu haben. Ansonsten hätte er nämlich das menschliche Entsorgungssystem mit austauschbaren und möglichst standardisierten Teilen versehen. Unsere Ärzte versuchen so – ihr nach dem Stand der Technik Möglichstes – , Fehler in unseren „Abwasserkanälen“, wenn es geht, möglichst rechtzeitig zu entdecken und möglichst „minimal invasiv“ zu reparieren.

Kaum jemand verspürt besondere Lust, sich in einem schambesetzten Körperbereich nach wenig angenehmer Vorbereitung einem wenig natürlichen Eingriff auszusetzen. Ich selbst hatte vor einem Dreivierteljahr plötzlich Blut im „Stuhl“. Bisher hatte auch ich eine solche „Traktur“ vor mir hergeschoben. Nun aber hatte ich ein deutliches Warnsignal erhalten.

Die ganze „Proplematik“ hat aber noch einen wichtigen anderen Aspekt, nämlich den „Reparaturklempner“, der die Kamerainspektion durchführt. Leider denken viele Ärzte, sich bei der Darmspiegelung den Anästhesisten sparen zu können. Da gibt es dann z.B. eine halb gewalkte Lachgasnarkose, bei welcher der Patient während des Eingriffs auch noch selbst die Narkosemaske halten muss!

Ich habe bei meiner Hausärztin darauf gedrungen, mich in das örtliche Krankenhaus einweisen zu lassen und bekam dort eine Narkose mit Propofol(?) mit dem Wunsch, „Träumen Sie gut, Herr B.!“. Meine Angst vor einem möglichen Sterben an Darmkrebs war selbstverständlich danach auch wesentlich geringer, nachdem keine Auffälligkeiten bei mir gefunden wurden. Danke, liebe Ärzte und Pflegepersonal!

Liebe Frau Altzschner, ich versichere Ihnen, dass ich von dem gesamten Eingriff absolut nichts mitbekommen habe! Auch danach hatte ich außer einer leichten Benommenheit keinerlei Probleme! Frau Altzscher, Sie sollten Ihrer Krankenkasse lieber danken und das Angebot nach etwas Selbstüberwindung annehmen!

Philosophischer Exkurs:

Wer diese Erfahrung einmal gemacht hat, dem könnte auch ein großer Teil seiner Angst vor dem „Tode“ genommen werden. Schon seit der Antike wird der „Schlaf als kleiner Bruder des Todes“ bezeichnet. Manche denken, dass Atheisten mehr Angst vor ihrem „Tode“ hätten als Jenseitsgläubige. Ich habe daran begründete Zweifel. Denn wäre ich durch einen Fehler in der Narkose gestorben:

ICH HÄTTE NICHT EINMAL GEWUSST, DASS ICH TOT BIN!

Leider gibt es in bestimmten Berufsgruppen sehr viele Perverse, die aus dieser Angst einen geldwerten Vorteil ziehen wollen und deshalb gegen die Sterbehilfe zu Felde ziehen.

Nachbemerkung:
Ich setze bei akademisch gebildeten Ärzten voraus, dass sie den Vergleich mit „Reparaturklempnern“ mit Humor aufnehmen. Außerdem ist "Klempner" ein heute notwendiger und ehrenwerter Beruf. Ich selbst hoffe, keinen langweiligen und überflüssigen Kommentar geschrieben zu haben.
Bleistift und Lineal
19.04.2015, 17.23 Uhr
Liebe Frau Altzschner,
vielen dank für einen spannenden Exkurs in "Worüber man sich aufregen kann und was alles eine Meldung an die Menschheit wert ist".

Also, wenn ich von meiner Krankenkasse Post bekomme, die mich nicht interessiert, zucke ich die Schultern und werfe sie weg. Ich habe in den letzten tagen aber auch gelernt, dass man sich zum Beispiel wegen Pizza-Werbung öffentlich äußern kann und Verständnis findet. Frei nach dem Motto meines sehr geliebten Dichters Heinrich Heine: "Das ist das schöne an Deutschland: niemand ist so verrückt, dass er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht."

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten. Da er verständlicherweise im Körperinneren entsteht, wird er meist nur zufällig oder viel zu spät entdeckt. Eine Erinnerung an an eine Vorsorge-Untersuchung kann man als nette Geste werten. Oder, wie gesagt, schulterzuckend ignorieren. Man kann sich natürlich auch absoluten Stress machen und eine erboste email an den Rest der Menschheit schreiben.

Im letzteren Fall erhöhen Sie allerdings Ihr Herzinfarkt-Risiko. Verzeihen Sie bitte, dass ich sie daran erinnere.
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