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Es geht um den Wallgraben

Freitag, 06. Oktober 2017, 17:09 Uhr
Offener Brief an den Bürgermeister und Stadtrat der Stadt Bad Frankenhausen, einer Bürgerin aus Bad Frankenhausen. Hier der komplette Wortlaut...

Sehr geehrter Herr Strejc, sehr geehrte Damen und Herren,
seit fast 50 Jahren lebe und arbeite ich am Wallgraben. Es ist eine beliebte und gepflegte Wohngegend mitten in der Stadt, und dies nicht zuletzt wegen der großzügigen Grünflächen.

Nachdem die Anlieger den ersten Schock überwunden hatten, als der Wallgraben als Standort für den Neubau eines Gymnasiums favorisiert wurde, sorgt nun das neueste Projekt mit Umwandlung von Grünflächen in Parkplätze und einen Busbahnhof erneut für Unruhe und Unverständnis.

Auch wenn es schon beschlossene Sache scheint, möchte ich hier öffentlich zu bedenken geben: Welches städtebauliche und kulturpolitische Konzept verfolgen die Stadtväter unserer Kur- und Erholungsstadt eigentlich?

Jahrelang wurden die zunehmende innerstädtische Luft- und Lärmbelästigung bemängelt, die fast zur Aberkennung des Kurstadttitels geführt haben, ja sogar Pläne für eine Umgehungsstraße geschmiedet. Und nun soll der Busverkehr mittels Verlegung des Busbahnhofes in die Innenstadt mit täglich bis zu 150 Bussen (lt. Bericht vom 21.02.17 einer Tageszeitung) erfolgen? Natürlich wären mit der geplanten Maßnahme so ganz nebenbei die Weichen für die Umwandlung des alten Busbahnhofes als Bauplatz für einen neuen und größeren REWE-Markt gestellt.

Wäre es nicht sinnvoller, dem Beispiel zukunftsorientierter Städteplaner zu folgen, indem Verkehrsberuhigung mittels „park and ride“ in der Stadtperipherie sowie ausgeweitete Angebote für Fahrradleihstationen erreicht wird? Ein Parkplatzproblem haben Fahrradfahrer in den seltensten Fällen. Und mal ehrlich, suchen Sie Ihr Ausflugs- bzw. Urlaubsziel danach aus, ob es genügend Parkplätze- und Lebensmittelmärkte gibt oder gar öffentliche Verkehrsmittel, die sie, wenn sie schon einmal im Zentrum gelandet sind, nach dem mehr schlecht als recht funktionierenden Rufbussystem in den nächsten Ort bringen könnten? Ich wage zu behaupten: nein! Vielmehr schaut ein Gast oder künftiger Bewohner darauf, was eine Stadt, die sich als Kur- und Erholungsstadt sowie eine „Stadt zum Leben und Wohnen“ bewirbt, an lebensqualitätssteigernden Angeboten unterbreiten kann. Und dazu zählt unbestritten mehr und mehr innerstädtisches Grün!

In vielen Städten hat diesbezüglich in den letzten Jahren ein Umdenken eingesetzt und die Erhaltung innerstädtischer Grünflächen wird unterstützt und gefördert. Auch hier gibt es entsprechende Pilotprojekte, die zum echten Anziehungspunkt für Einwohner und Gäste einer Stadt wurden, z. B. die Umwandlung von Einheitsgrünflächen in Bienen- und Schmetterlingswiesen. Was ganz nebenbei zu einer Reduzierung der kostenintensiven mehrmals im Jahr durchzuführenden Grasmahd führen würde.

Unverzichtbar ist es in diesem Zusammenhang einen Blick auf das kulturelle Engagement der Stadt zu werfen. Bad Frankenhausen hat den Vorzug über große Teile einer original erhaltenen Stadtbefestigung zu verfügen. Nur leider geht diese potentielle Touristenattraktion mehr und mehr vor die Hunde! Nicht genug, daß die Stadt in unzumutbarerer Weise die Unterhaltung der Stadtmauerreste den angrenzenden Grundstückseigentümern aufs Auge gedrückt hat und an bereits einsturzgefährdeten Stellen einfach Bauzäune aufstellt, nun will sie letzte Stücke von Graben und Wall als Teile der historischen Stadtbefestigung unwiederbringlich verfüllen und zupflastern.

Ein unerhörtes Ansinnen, welches bei Kulturverantwortlichen andernorts nur ungläubiges Kopfschütteln verursacht. Sollte nicht vielmehr der Wert einer solch kulturhistorisch selten gewordenen Anlage gemehrt werden, indem sie für den Stadtbesucher sichtbar gepflegt und bspw. im Rahmen der etablierten Stadtführungen vorzeigbar und erlebbar würde?

Darüber hinaus finde ich es als Bürgerin und Steuerzahlerin unerhört, wenn die Sanierung bzw. Instandsetzung von Straßen und Gehwegen unserer Stadt, im speziellen Fall die der Franz-Winter-Straße, nur als durchführbar angesehen werden, wenn dafür Fördergelder fließen. Hier liegt ein fataler Denkfehler zugrunde, denn diese Aufgaben sind Pflichtaufgaben einer Kommune. Statt unsere Steuergelder bei jeder sich bietenden Gelegenheit für Volksbelustigungen und Höhenfeuerwerke zu verpulvern, sollten sie künftig in die nachhaltige Erfüllung derartiger Pflichtaufgaben gesteckt werden.

Ich appelliere an dieser Stelle inständig, dieses Vorhaben noch einmal eingehend auf seinen Nutzen für die Bevölkerung und die Gäste der Stadt Bad Frankenhausen zu überprüfen.

Mit freundlichen Grüßen
Antje Rottländer M.A.
Anmerkung der Redaktion:
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Autor: khh

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