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Fr, 10:54 Uhr
14.06.2019
Verein in der Krise

Harzer Falken im Überlebenskampf

Warum sollte dieser Verein unbedingt erhalten werden?
Welche Fehler wurden gemacht? Welche Faktoren führten zu den finanziellen Problemen? Wie könnte man den Verein nach der Sanierung nachhaltig fortführen? Beim Eishockey-Verein "EC Harzer Falken" brennt es dieser Tage scheinbar an allen Ecken und Ende. Man muss sich ernste Fragen und versucht Antworten zu geben...

Diese absolut berechtigten Fragen wurden in den letzten Wochen mehrfach gestellt. Die Antworten sind natürlich nicht in einem Satz darstellbar.

Ohne Senioren kein Nachwuchs

Vorab ein Faktum: Werden die Harzer Falken nicht erhalten, bedeutet dies im ersten Schritt definitiv das Ende des Seniorenspielbetriebs und damit kurz- bis mittelfristig auch das Ende der Ausbildung des Nachwuchses im Harz. Ohne eine erste Mannschaft würden die Mitgliederzahlen nebst Sponsoreneinnahmen unweigerlich empfindlich zurückgehen. Die Nachwuchsspieler hätten keinen Ansporn, keine Identifikationsmöglichkeit mehr. Der Eishockeystandort und traditionelle Publikumsmagnet würde somit von der Landkarte verschwinden.

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Die Gründe dafür sind einfach dargestellt: Ein mutmaßlicher Neubeginn wäre weder personell noch wirtschaftlich darstellbar, da die Kosten und notwendigen Investitionen deutlich über denen des Erhalts des EC Harzer Falken lägen. Ganz abgesehen vom Identitätsverlust, Einnahmeneinbruch, Verlust von Sponsoren, Investoren und ehrenamtlichen Helfern.

Probleme waren vielfältig – organisatorisch, personell, wirtschaftlich

Wenn ein Unternehmen oder in diesem Fall ein Verein in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, wird von außen gern lapidar gesagt, man dürfe eben nur das Geld ausgeben, welches man hat. Dieser Grundsatz ist natürlich absolut richtig, jedoch im professionellen Eishockeysport nennen wir es „nicht ganz so einfach“, umzusetzen. Daher ein ganz kleiner Einblick hinter die Kulissen, der auch weitere bisherige Defizite aufzeigt.

Der Geldfluss auf Einnahmen- wie Ausgabenseite im Eishockeysport ist sehr unregelmäßig und birgt unzählige weiche Faktoren, die eine klassische Kalkulation deutlich erschweren. Dies ist bei einem solch kostenintensiven Sport wie dem Eishockey ganz besonders gewichtig und wirkt sich nachvollziehbar extrem auf Vereine mit einem sehr kleinen Etat aus.

Dazu nur ein paar Schlagworte: Fehlende Zuschauereinnahmen bei Misserfolg / Extremwetter / Parallelveranstaltungen, geringere Merchandise- & Cateringeinnahmen, erhöhter Materialbedarf, verzögerte
Sponsorenzahlungen, Erhöhung von Mieten und Nebenkosten, zusätzlicher Personalbedarf durch Verletzungen und Abgänge, Fehlentscheidungen, Nichtumsetzung von Projekten und Aufgaben aus reinem Personalmangel, sehr hohe Verbandsabgaben und ein System wie dem Reindl-Pool, in dem sich ein kleiner Verein wie die Harzer Falken mit einer Braunlager Einwohnerzahl von 4.866 am Maßstab von 100.000er „Metropolen“ messen lassen muss. Aber dies soll hier nicht das Thema sein, gehört aber auch zu den vielen kleinen Puzzleteilen, die es zu bedenken gilt. Der Harz hat weder die Wirtschaftskraft, die Infrastruktur, noch die personellen Möglichkeiten wie andere Vereine entsprechender Großstädte. Hier muss Vieles in mühsamer und vor allem in rein ehrenamtlicher Kleinstarbeit überhaupt erst einmal ermöglicht werden.

Unregelmäßiger Geldfluss

Der Zeitraum ohne Spielbetrieb und dadurch ohne regelmäßige Einnahmen in der Sommerpause ist sehr lang und stellt eine Vielzahl der Vereine alljährlich vor große Probleme. Denn wenn auch eine Gesamtkalkulation punktgenau wäre, entstehen hier schnell kurzfristige fünfstellige Zahlungsrückstände, weil besonders die kleinen Vereine keine Rücklagen in dieser Höhe bilden können. Doch zur Teilnahme am Spielbetrieb sind diese Ausgaben unumgänglich. Dies muss durch entsprechenden Geldfluss durch Sponsoren abgefangen werden, was nicht immer gelingt, da die Sponsoren die Zahlungstermine natürlich nach deren Bedarf wählen. Ein unbestritten abhängiger Verein hat es da schwer, was besonders auch den Zahlungsverzug betrifft. Wenn jeder Euro zählt, will man keinen Sponsor verärgern.

Schnell wird klar, eine Worst-Case-Betrachtung wird für eine reale Prognose unumgänglich. Doch wie hoch sollte der kalkulative Sicherheitspuffer sein? Wie groß ist der Spielraum? Die Antwort wird bei den meisten Vereinen lauten – es gibt keinen. Ist aber eine reale Kalkulation gefunden, ist es zwingend erforderlich, diese laufend anzupassen, da sie auf Grund der genannten weichen Faktoren stets variabel bleibt. Umso mehr muss sie in Ihrem Gesamtergebnis der verfügbaren Mittel strikt eingehalten werden – auch unter sportlichen Erfolgszwang.

Durch den schwankenden Geldfluss bedarf es auch zwingend einer Finanzplanung, um in Zukunft liegende mögliche Zahlungsrückstände rechtzeitig zu erfassen und reagieren zu können.

Kosten minimieren und Einnahmen erhöhen

Eine überaus intensive Analyse der nun bekannten Zahlen ergab einige Punkte, in denen im Bereich der Einnahmen und Ausgaben durchaus Handlungsraum besteht. Hier auf Details einzugehen, würde mehr als den Rahmen sprengen. Allein im Feld der Sponsoring-Akquise liegt noch erhebliches Potential, was aber auch personell dargestellt werden muss. Denn in unserer Region sind Großsponsoren schlicht nicht vorhanden, jedoch eine Vielzahl an ortsansässigen Betrieben. Diese zu
gewinnen, ist sehr zeitaufwendig und bedarf weiterer Engagierter. Auch wenn der unternehmerische Grundsatz „Kosten minimieren und Einnahmen erhöhen“ seine Gültigkeit hat, ist dies nicht allein der Kern der Gesamtproblematik.

Unterbesetzung und fehlende Kontrolle

All diese Punkte bedürfen eines enormen personellen und zeitlichen Aufwandes. An dieser Stelle kommen wir zu einem Hauptproblem, da der geschäftsführende Vorstand bisher nur aus einer Person bestand, die zudem gesundheitlich langfristig eingeschränkt war. Natürlich gab es Unterstützung von einigen wenigen ehrenamtlichen Helfern und Gönnern, welche den Spielbetrieb überhaupt erst ermöglicht haben. Doch auch diese Positionen waren markant unterbesetzt, was allein durch den unbändigen Einsatz Einzelner annähernd kompensiert werden konnte. So waren die Aufgaben weder zeitlich, noch inhaltlich zu bewältigen – und vor allem fehlte ein Kontrollorgan.

Vereinsvorstand breiter aufstellen und Kontrollorgane einführen

Um viele der genannten Probleme zu lösen, muss im ersten Schritt der Vereinsvorstand erweitert werden. Dieser darf dann Grundsatzentscheidungen nur per Mehrheitsbeschluss umsetzen. Dies wurde bereits in der letzten Mitgliederversammlung beschlossen. Zudem wird angestrebt, einen Wirtschaftsbeirat einzusetzen. Dieser soll aus Vertretern unterschiedlicher Interessensbereiche (Sponsoren, Fanvertreter, Nachwuchs, Politik, …) bestehen und steten Einblick in die laufenden Finanzen haben, um entsprechende Empfehlungen aussprechen zu können. Zudem wird so eine Transparenz geschaffen, die zur Vertrauensbildung zwingend erforderlich ist.

Zusätzlich soll die reine Buchhaltung vom Verein ausgelagert werden, damit diese fachgerecht und absolut korrekt nachgehalten wird. Durch diese Maßnahmen wird nicht nur Kontrolle geschaffen, was eine erneute Schieflage im Keim ausschließen soll. Sondern es werden auch Aufgabenbereiche auf verschiedene Schultern verteilt. Unter einem neuen Vorstand und den genannten Voraussetzungen haben bereits mehrere Personen ihre Mitarbeit in einzelnen Bereichen angeboten. Dabei ist jeder weitere neue aktive Helfer ein Schritt zur nachhaltigen Vereinsentwicklung. Ohne diese ehrenamtlichen Helfer war und ist ein Fortbestand eines jeden Vereines nicht möglich.

Neue Mitglieder gewinnen -Transparenz schaffen

Ein weiterer Bereich sind die Vereinsstrukturen: Wurden in den letzten Jahren kaum neue Mitglieder aufgenommen, muss hier ein Anreiz geschaffen werden, die Anzahl der passiven Mitglieder deutlich zu erhöhen. Dies schafft nicht nur regelmäßige Einnahmen, sondern die
Mitglieder haben ebenfalls die Möglichkeit, sich in der
Mitgliederversammlung einzubringen und erhalten dort tiefere
Einblicke, was wiederum die Transparenz erhöht.

Auch die Zusammenarbeit mit der Nachwuchsabteilung muss in Zukunft deutlich enger erfolgen, da erste Mannschaft und Nachwuchs eine Symbiose bilden. Dies wird durch den neuen erweiterten Vorstand, die involvierten Personen auch des Wirtschaftsbeirats forciert. Dabei wird eine Anpassung an absolut übliche Vereinsbeiträge sicher für
Diskussionsstoff sorgen, doch dies ist ein weiterer notwendiger Baustein, bei dem der soziale Aspekt sicher nicht aus den Augen gelassen wird.

Der Weg über eine Spielbetriebsgesellschaft

Warum läuft der Spielbetrieb nicht (mehr) über eine vom Stammverein gelöste Spielbetriebsgesellschaft? Dieser Weg wurde bereits
erfolgreich gegangen, hinterließen die Verantwortlichen aus dieser Phase unter deren Führung schließlich eine echte schwarze Null. Aber die entstehenden zusätzlichen Kosten und benötigten Rücklagen drückten zu sehr auf das kleine Budget der ersten Mannschaft, hinzu kam der
neben dem eigentlichen Berufsleben zu leistende Arbeitsaufwand und der Mangel an geeigneten, ehrenamtlichen Mitarbeitern. Genauer, dieser Weg
hätte zwangsweise in ein Defizit geführt. Daher musste man von diesem Weg erst einmal wieder abweichen. Wenn es aber möglich ist, den Etat zu erhöhen und ausreichende Rücklagen zu bilden, wäre dies in Zukunft ein gangbarer Weg – aber reine Zukunftsmusik.

Was ist die richtige Liga?

Die Oberliga war die beste Wahl, so ist das Zuschauerpotential im Harz
ohne Zweifel ausreichend, das Interesse der Region mit über 1.8 Millionen Zugriffen allein auf unsere Homepage eine klare Ansage. Zudem ist der Harz ein sehr beliebtes Reiseziel unserer auswärtigen Eishockeyfans, was nicht zuletzt der besonders geschätzten Fankultur unserer sehr reiselustigen Falken-Fans zu verdanken ist. Aber diese Liga hat sich in den letzten Spielzeiten enorm verändert. So wurde aus
dieser Ausbildungsliga eine Profiliga, was neben der begrüßenswerten sportlichen Qualität aber auch enorme Mehrkosten bedeutet. Und zwar nicht nur gestiegene Gehaltsvorstellungen, sondern auch die gesamten Nebenkosten stiegen deutlich an.

Warum ist man nicht schon vorher in die Regionalliga gegangen?

Die Hauptgründe dafür sind schnell dargestellt. Dies wäre im Jahr zuvor wirtschaftlich schlicht nicht darstellbar gewesen, was die damals ebenfalls für die RL aufgestellte Kalkulation deutlich aufzeigte. In unserer Region wären leider zu wenige Spieler wohnhaft. Man hätte also auch mit auswärtigen Spielern planen müssen, was neben Mietkosten auch zu hohe Personalkosten nach sich gezogen hätte. Zumal die Einnahmensituation weitere Defizite ergeben hätte. Da an vielen erforderlichen Punkten zwischenzeitlich gearbeitet wurde, ist einer Teilnahme am Spielbetrieb in der Regionalliga Nord in der Saison 2019/20 positiv entgegenzusehen. Dies weist der Wirtschaftsplan, welcher auch im laufenden Verfahren geprüft Verwendung findet, für die nächsten Jahre eindeutig aus. Dies beinhaltet auch den eventuellen Wiederaufstieg in die Oberliga.

Warum ist es oft so still?

Weil die handelnden Personen jede verfügbare Minute nutzen und im Hintergrund (seit langem) all die Voraussetzungen schaffen, damit es hochklassiges Eishockey im Harz mit der zugehörigen hervorragenden Jugendarbeit überhaupt geben kann. All diese Leute arbeiten neben ihrem eigentlichen Berufsleben rein ehrenamtlich! Dies sollte bei aller verständlichen Erwartungshaltung nie vergessen werden. So ist z.B. die Stelle des Pressesprechers vakant.

In Vereinen mit anderen finanziellen Mitteln arbeiten Menschen in Vollzeit an einem solchen Projekt. Was keinerlei Bewertung der getätigten Arbeiten ist, im Gegenteil. Natürlich passieren hier wie dort auch Fehler, doch hier gilt ein weiterer Grundsatz: „Wer nichts macht, macht nichts verkehrt!“. Jeder ist willkommen, der sich selbst aktiv mit einbringen möchte, denn jede helfende Hand sichert das Vereinsleben, erhöht die Qualität, schafft neue Möglichkeiten.

Auf den Punkt gebracht:

Aktuell ist schnelle, finanzielle Hilfe existenziell erforderlich! Aber mittelfristig bedarf es die aktive Mitarbeit weiterer Personen. Nur so wird sich der Verein qualitativ weiterentwickeln können, das Dasein nachhaltig manifestieren.
Autor: red

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