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Di, 15:03 Uhr
29.10.2024
Stellungnahme des Museumsverbandes Thüringen

Die Thüringer Museumslandschaft ist in Gefahr

In dem von der amtierenden Thüringer Landesregierung vorgelegten Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 werden die Ausgaben für Museumsbereich drastisch reduziert. Durch die massiven Einschnitte insbesondere bei der Projektförderung wird die Arbeitsfähigkeit der Thüringer Museen in besorgniserregendem Maße beeinträchtigt...

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Nur die institutionelle Förderung bleibt unangetastet, Mittel für Sonderausstellungen, auf die gerade kleinere und mittlere Einrichtungen stark angewiesen sind, werden ersatzlos gestrichen. Dringend notwendige Investitionen im Bereich Digitalisierung, die nachhaltige Erneuerung der Museen im Blick auf den Klimawandel, aber auch die im Forderungskatalog des Museumsverbandes angedachten Projekte zur Stärkung der Museumslandschaft durch Netzwerkarbeit stehen zur Disposition.

In der einzigartigen Kulturlandschaft Thüringen können die Museen mit jährlich 4 Millionen Besucherinnen und Besuchern für sich punkten. Es sind in erster Linie Museen, die Thüringen zum Reiseland machen. Die Thüringer Museen bewahren das identitätsstiftende kulturelle Erbe des Freistaates und sind unersetzliche Orte der Bildung und der Begegnung mit einer außerordentlichen Themenvielfalt. Eine Umfrage machte kürzlich deutlich, dass Menschen ihren Museen ungleich mehr Vertrauen entgegenbringen als der Politik. Tatsächlich stufen Menschen die Glaubwürdigkeit der Museen gleich nach den engsten Freunden und der Familie ein. Museen stellen damit den wichtigsten öffentlichen Meinungsbildner dar. Das ist entscheidend bei der notwendigen Auseinandersetzung mit den Stärken der Demokratie im Rahmen der Bildungsarbeit. Und die Möglichkeiten der Museen für die Belebung von Wirtschaft, Tourismus und Bildung sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Die Sparmaßnahmen blockieren die Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit der Museumslandschaft.

Die herben Einschnitte in den die Museen betreffenden Teilen des Haushaltes sind in keiner Weise zu rechtfertigen. Für die sich gerade bildende, neue Landesregierung ist dies eine fatale Vorlage. Sie steht in krassem Widerspruch zur Museumspolitik der vergangenen Jahre, die der unersetzlichen Arbeit der Museen Rechnung trug.

Am härtesten trifft es die Projektförderung im Haushalt der Thüringer Staatskanzlei. Den Museen war es in den vergangenen Jahren möglich, vielfältige Sonderausstellungen mit überregionaler Wahrnehmung zu initiieren und ihre Sammlungsbestände durch Ankäufe zu erweitern. Mit einer Kürzung um 74% von 385.000 Euro auf 100.000 Euro wird diese Vielfalt und Weiterentwicklung verloren gehen und der Konkurrenzkampf der Antragsteller um die verbleibenden Finanzmittel untereinander geschürt werden. Wenn sich die Thüringer Museen nicht mehr mit aufsehenerregenden Ausstellungen und interessanten Veranstaltungen präsentieren können, wird es zwangsläufig auch zu einem Rückgang der Zahlen an Besucherinnen und Besuchern kommen.

Äußerst besorgniserregend ist die Reduzierung der Zuweisungen für die Investitionen der Thüringer Museen. Während die Baumaßnahmen am Lindenau-Museum Altenburg unterstützt werden, bleibt daneben nur ein kleiner sechsstelliger Betrag für die übrigen Einrichtungen. Damit haben die Thüringer Museen keinen Spielraum für angemessene bauliche Maßnahmen zu Sicherung ihrer Bestandsgebäude oder Umbaumaßnahmen von Ausstellungsräumen. Auch die zwingend notwendigen Depoträumlichkeiten werden nicht berücksichtigt. Diese Vernachlässigung gefährdet nicht nur die Sicherheit der Sammlungen in den Museen, sondern stellt den gesamten Museumsbetrieb in Frage.

Nicht nachvollziehbar sind die Kürzungen im Restaurierungsprogramm und der Mittel für die Provenienzforschung um 50 Prozent. Damit werden notwendige restauratorische Maßnahmen zum Erhalt des Kulturgutes nicht mehr umgesetzt werden. Museen haben eine ethische und moralische Verpflichtung, die Herkunft ihrer Sammlungen zu erforschen und das Kulturgut nachhaltig zu sichern. Eine unzureichende Finanzierung gefährdet daher nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Museumslandschaft, sondern untergräbt auch die Integrität der Sammlungen, die für die kulturelle Identität Thüringens von zentraler Bedeutung sind. Die Signalwirkung, dass Thüringen zum jetzigen Zeitpunkt die Möglichkeiten einschränkt über Provenienzforschung politisches Unrecht wieder gutzumachen, ist fatal.

Im Bereich Digitalisierung gibt es ebenfalls erhebliche Kürzungen. Der unrealistisch anmutende Betrag von weit unter 100.000 Euro verweist auf eine unzureichende Wertschätzung der digitalen Transformation in der Museumsarbeit. Digitalisierung ist jedoch unerlässlich, um den Zugang zum Kulturgut auf zeitgemäße Weise zu ermöglichen und zu demokratisieren. Zugleich erhöhen Digitalisierung und Digitalität die internationale Sichtbarkeit der Thüringer Schätze. Sie machen die Institutionen erst zukunftsfähig. Die Museen drohen mit diesen Sparmaßnahmen ihre Konkurrenzfähigkeit in Deutschland und Europa zu verlieren.

Schon vor den angedachten Kürzungen war die Thüringer Museumslandschaft im bundesweiten Vergleich kaum mehr wettbewerbsfähig. Vor allem mit einem niedrigen Lohnniveau seiner überwiegend kommunalen Einrichtungen riskiert der Freistaat, den Anschluss beim Kampf um Fachkräfte ganz zu verlieren. Der 2023 vorgelegte Forderungskatalog des Museumsverbandes Thüringen versucht mit innovativen Ideen diesen Niedergang zu stoppen. Eine Unterstützung dieser konstruktiven Maßnahmen zum Aufbau neuer Depots, zur Bildung von museumsübergreifenden Teams in Kulturvermittlung, Technik und Marketing und im Bereich des Notfallmanagements ist im Haushaltsentwurf nicht zu finden.

Der Museumsverband Thüringen fordert die Thüringer Landespolitik auf, den Haushaltsentwurf im Sinne der Thüringer Museen zu überdenken und die finanziellen Mittel für Projektförderungen, Investitionen, Restaurierung, Provenienzforschung und Digitalisierung wieder auf den Stand vor den Einschnitten zu erhöhen sowie erste Maßnahmen zur Umsetzung des Forderungskataloges zu ermöglichen. Nur auf Basis einer angemessenen und verlässlichen Finanzierung können die Museen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, die ihnen anvertrauten kulturellen Schätze sichern und erforschen sowie ein reichhaltiges und inspirierendes Kulturangebot anbieten, das unzählige Menschen aus der Region, aber auch aus dem In- und Ausland anzieht.


Museumsverband Thüringen:
Der Museumsverband Thüringen e. V. vertritt die Interessen seiner institutionellen und persönlichen Mitglieder. Sein Netzwerk umfasst rund 240 Mitgliedsmuseen in ganz Thüringen jeglicher Sparte von kulturgeschichtlichen und volkskundlichen Einrichtungen bis hin zu Kunst-, Naturkunde und Technikmuseen. Die Museumsberaterinnen und die Mitarbeiterinnen der Koordinierungsstelle Provenienzforschung der Geschäftsstelle unterstützen die Mitglieder in allen musealen Belangen und bieten verschiedene Informations- und Weiterbildungsformate an.
Autor: red

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