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Do, 13:04 Uhr
22.05.2025
Auf der Bühne wird der Degen gezückt

Präzision, Eleganz und Dramatik

Der gebürtige Franzose und Wahlberliner Jean-Loup Fourure ist ein erfahrener Kampfchoreograf, Dozent für Bühnenkampf und Schauspieler. Er konnte für die Schlossfestspiele und »Zorro« sowohl als Kampfchoreograf als auch für die Rolle des Alejandro de la Vega gewonnen werden...

An vielen Theatern sowie beim Film konnte Jean-Loup Fourure seine Kunst und sein Wissen einbringen. So spielte er 2020 in dem Film »Anonymus« von Roland Emmerich den Fechtmeister Monsieur Beaulieu, übernahm in dem Kurzfilm »Der Don Juan der sieben Meere« die Rolle des Gaspard de la Nuit und wurde 2014 für das Combatcon Festival in Las Vegas nominiert.

Kampfchoreograf Jean-Loup Fourure bringt für "Zorro" die nötige Dramatik auf die Bühne (Foto: Theater Nordhausen) Kampfchoreograf Jean-Loup Fourure bringt für "Zorro" die nötige Dramatik auf die Bühne (Foto: Theater Nordhausen)


Nach einem Probenbesuch wollte ich von Jean Loup über die Herangehensweise an eine Kampfchoreografie wissen:

Gestern durfte ich auf einer Probe von Jean-Loup mit Samuel Franco alias Diego de la Vega (Zorro) und Marian Kalus, dessen Bruder Ramon auf der Bühne, zuschauen und fragte mich, wie man sich diese komplizierten Abfolgen im Kopf behalten könne. Wie merkst du dir deine Choreografie, Jean Loup?

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Ich schreibe mir alles auf. Jeder Schlag wird mit einer Nummer bezeichnet. Wenn ich sage, schlag mal auf die vier, ist das eine Stelle am Körper – meine Parade, meine Verteidigungshaltung. Also, wenn ich meinem Gegenüber eine Ziffer sage, ist das immer aus der Sicht der Verteidigung. Marian und Samuel wissen ganz genau, was ich mit den Ziffern meine. Sie machen zudem kurze Videos der einzelnen Frequenzen, um das Geprobte zu kontrollieren und, um es sich zu merken.

Samuel hatte vorhin eine Art Code-Namen für einen der fünf Blöcke, die einstudiert wurden. »Sensenmann« hieß der und ein anderer wurde als »Maschinengewehr« bezeichnet …

Genau, bei »Sensenmann« zum Beispiel wird die Waffe hintereinander durchgezogen wie bei einer Sense. Es ist eine gute Memotechnik, die Blöcke so zu bezeichnen. Ich kann zum Beispiel sagen, jetzt kommt die Phase »Kung Fu«. Da weiß dann jeder Bescheid, was gemeint ist.

Samuel und Marian brauchten nur zwei Proben für die Einstudierung – die waren superschnell! Normalerweise brauche ich ein paar Tage. Marian hat viel Erfahrung. Leute mit viel Erfahrung haben aber oft einen anderen Stil oder kommen aus einer anderen Schule und sind etwas festgefahren. Aber Marian hat sich total angepasst, und trotzdem noch seinen eigenen Stil. Das passt in dem Stück total, Ramon und Diego hatten eine unterschiedliche Ausbildung und jeder hat seine eigene Art zu kämpfen.

Die beiden müssen sich alles wirklich hundertprozentig merken, sonst gibt es Unfälle.

Absolut! Meine wichtigste Aufgabe ist, dass nichts passiert. Dennoch muss ich die Illusion eines echten Kampfes herstellen. Es ist wie bei den Schichten von einem Kuchen: Sicherheit, Choreografie/Technik, dann arbeiten wir auf Flow, Rhythmus – da muss es richtig auf Zack gehen, und schließlich kommt das Schauspiel als Sahnehaube on top.

Jeder Schritt ist vorgegeben. In meinen Vorbereitungen entsteht ein »Wunschzettel« von meinen Aktionen. Wenn ich dann mit der Schauspielerin oder dem Schauspieler arbeite, gebe ich ihnen erst einmal meine Choreo und schaue, was die oder derjenige kann. Wenn da noch Potential ist, fließt das gern ein und ich ändere dementsprechend meine Choreografie. Wir schauen zusammen, was für jeden passend ist. Alle sollen sich damit wohlfühlen, denn schließlich muss ja auch noch gespielt werden. Dafür muss die Choreo automatisch ablaufen. Für das Publikum muss der Kampf absolut echt wirken.

Wie wird man eigentlich Kampfchoreograf? Hast du als Kind schon wild gefochten? Du bist ja auch Schauspieler…

Ja, doch zuvorderst bin ich Kampfchoreograf. Es war immer mein Wunsch, Schauspieler zu werden, aber mit meinem französischen Akzent ist es megaschwer, Rollen zu bekommen. Ich war Anfang der neunziger Jahre nach Berlin gezogen. Trotzdem habe ich eine Grundausbildung gehabt. Ein Dozent hatte in der Zeit in einem Workshop Bühnenfechten angeboten. Es war für mich das erste Mal und ich war sofort begeistert. Mir eröffnete sich damit die Möglichkeit, trotz Akzent doch noch zum Theater zu finden. Dann habe ich zehn Jahre viel trainiert, hatte viele Auftritte und meine erste professionelle Aufgabe bekam ich 2011 an der Komischen Oper in Berlin. Dann ging es richtig los.

… Und natürlich habe ich als Kind, wie so viele, auch Zorro gespielt.

Im Film oder Theater wird ja meist ein Kampf zwischen den »Guten« und den »Bösen« gezeigt. Was spielst du lieber?

Na klar, die »Bösen«. Ich spiele fast immer die »Bösen«. Ich war? ???, dann Claude Frollo in »Der Glöckner von Notre Dame«. Ja, Zorro ist eine Traumrolle, aber hier ist auch die Rolle des Ramon super interessant. Er hatte in der Romanvorlage eine komplizierte Kindheit und in der Interpretation unserer Regisseurin Pascale-Sabine Chevroton wird Ramon nicht per se der Bösewicht sein, sie will die Biografie der Figur einfließen lassen.

Haben die unterschiedlichen Charaktere der Brüder Einfluss auf deine Kampfchoreografie?

Ramon muss ich gewalttätiger und kraftvoller als Zorro anlegen. Zorro ist flinker, wendiger und schnell, eben wie ein Fuchs. Marian macht als Ramon zum Beispiel größere Schritte und nimmt sich viel mehr Raum. Ich will mit dem Kampf auch eine Geschichte erzählen, es ist Interpretation von Charakteren.

Ich habe die Waffen gesehen, die sehen ja auch noch toll aus! Was sind das für Waffen?

Das eine ist ein klassisches Rapier, ein schlankes, leichtes Schwert mit einer zweischneidigen geraden Klinge und mit einer Spitze. Aber beim Bühnenfechten sind das Sportklingen, sie sind weder scharf noch spitz. Es ist aber immer noch gefährlich. Bei einer echten Waffe sind es Blattklingen, die sind flach und die Kanten sind scharf. Sie sind für Schlag und Stoß gedacht. Und hier ist ein Florett, das ist mehr auf den Stoß gemacht. Mit dieser Waffe kann man mehr machen, weil sie so leicht ist. So ein Rapier ist etwa 1 kg schwer.

Der Klang der Waffen spielt ja auch beim Gesamteindruck eine Rolle. Ich habe mal gelesen, dass zur akustischen Aufbereitung noch Löcher oder Schlitze in die Glocke der Waffe geschnitten werden …

Ja, der Klang gehört mit zur Choreografie. Du hast mehrere Möglichkeiten, den Klang zu nutzen. Man kann ihn auch mit einem Sensor verstärken. Ich wollte jedenfalls unbedingt für Ramon und Zorro schöne Waffen. Es muss auch zum Gesamteindruck passen. Megawichtig ist, dass die Schauspieler in ihrer Begeisterung das Publikum mitnehmen. Das können die beiden super. Übrigens kämpfen in dem Stück auch Frauen, zum Beispiel Louisa mit Zorro gegen sechs Soldaten. Inez und die Gitanes (vom Ballett) sind auch mit von der Partie. Es wird nicht nur mit dem Degen gefochten, sondern auch mit Stühlen. Es wird spannend.

Ich danke dir und wünsche dir und dem Team viel Spaß und Erfolg mit »Zorro«!

Das Gespräch führte Renate Liedtke vom Theater Nordhausen
Autor: red

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