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Lichtblick zum Pfingstwochenende

Alles ist möglich, wenn uns der Geist der Liebe begegnet

Freitag, 18. Mai 2018, 09:00 Uhr
Im Lichtblick zum Wochenende befasst sich Pfarrer Karl Weber mit einer wahren Pfingstgeschichte, die uns das anstehende Pfingstfest in seiner tiefen Bedeutung erschließen kann: Gott schenkt dem Menschen seinen Heiligen Geist...

„Eines habe ich heute Abend gelernt, Martine: Dass in unserer schönen Welt alles möglich ist, wenn uns der Geist der Liebe begegnet.“ Dänemark, ausgehendes 19. Jahrhundert, ein kleines Fischerdorf. Die Bewohner gehören fast alle zu einer frommen christlichen Gemeinschaft, die liebevoll und streng zugleich von den Schwester Martine und Philippa geleitet werden.

Sie kümmern sich um Arme und Kranke, treffen sich zu Gottesdiensten und Hauskreisen und sorgen mit wachsamen Auge für die moralische Integrität im Dorf. Die fromme Idylle wird durcheinander gewirbelt, als die Französin Babett um Asyl und neue Heimat bittet. Die beiden Schwestern nehmen die Fremde auf und binden sie in ihren Haushalt ein. Babett lernt die dänische Küche – Stockfisch und Brotsuppe – tagaus, tagein. Als ihr das zu langweilig wird, beginnt sie die traditionelle Küche mit kleinen Finessen aus ihrer Heimat zu verfeiern – und weil sie gut verhandeln kann, bleibt die Haushaltskasse stabil. Die beiden frommen Schwestern merken sehr wohl, wie Babette ihren Haushalt verändert, sagen aber nicht.

Plötzlich passiert etwas Unvorhergesehenes: Babette gewinnt 10.000 Francs in einer Lotterie. Gegen die Sorgen der Schwestern verlässt sie das Dorf nicht, sondern beschließt das Geld in ein großes Festessen zu investieren, um sich bei den Dorfbewohnern zu bedanken.

Sie steckt all ihre Energie in die Vorbereitungen und ordert exotische Köstlichkeiten: Kaviar, Datteln, Ananas, Champagner, bester Rotwein und zum Schluss sogar eine große Suppenschildkröte. Die beiden Schwestern verunsichert das Treiben – ist all der Luxus überhaupt vereinbar mit ihrem gottesfürchtigen Leben? Kommt mit all den Köstlichkeiten nicht der Teufel und die Sünde selbst ins Haus? Gemeinsam mit den Dorfbewohnern beschließen sie, zwar am Essen teilzunehmen aber ihr moralischen Prinzipien dadurch zu wahren, dass sie den erlesenen Speisen mit eisernem Schweigen begegnen und Babettes Kochkunst mit keiner Silbe loben werden. Aber es kommt anders: Ein weiterer Gast kommt zum Fest – General Löwenhjelm, ein ehemaliger Bewunderer Martines. Er weiß nichts von der frommen Vereinbarung und beginnt das Festmahl in höchsten Tönen zu loben. Als Mann von Welt weiß er, was ihm da serviert wird. Und mit jedem Kompliment, dass er ausspricht, lösen sich auch nach und nach die Dorfbewohner aus ihrer Erstarrung. Sie genießen den Champagner, lassen ihn prickelnd durch ihre Kehlen fließen. Schmecken die Trüffel, den Rotwein, die Gewürze. Gespräche kommen in Gang über vieles, was vorher unaussprechlich war.

Versöhnung wird möglich, wo vorher ein tiefer Graben zwischen Menschen klaffte. Und selbst Martines strenge Miene kann am Ende des Abends dem General ein scheues Lächeln schenken. Als der Kaffee serviert wird, nippen alle gemeinsam an den kleinen Cognacgläsern. Die Stimmung ist heiter, einige eng umschlungen, die vorher Feinde waren. Befreit von alten Banden.

Und Löwenhjelm fasst zusammen, was da geschehen ist: „Eines habe ich heute Abend gelernt, Martine: Dass in unserer schönen Welt alles möglich ist, wenn uns der Geist der Liebe begegnet.“ Im Hintergrund ertönt Musik. „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ – ein altes Lied. Die Gäste gehen versöhnt und gelöst nach Hause – singend – und am Himmel erstrahlt der Abendstern. Diese Geschichte erzählt der Film Babettes Fest von 1987. Eine wahre Pfingstgeschichte, die uns das anstehende Pfingstfest in seiner tiefen Bedeutung erschließen kann. Das ist Pfingsten: Gott schenkt uns seinen Heiligen Geist.

Gott ist Geist, wo aber der Geist Gottes ist, das ist Freiheit und Liebe und Versöhnung. Wo der Geist Gottes ist, da wird die Welt grundlegend aufgemischt und verwandelt. Und wer vom Geist Gottes ergriffen wird, der ist mit hineingenommen in diese Verwandlung: Der Geist ist da, wo sich einer auf etwas einlassen kann, dem er vorher vielleicht völlig misstraut hat. Wo eine ein Vorurteil vergessen kann. Wo ein Streit zu einem guten Ausgang geführt wird. Wo Eltern geduldig werden mit ihren Kindern. Wo Partnerinnen und Partner sich immer noch mit dem Blick der Liebe anschauen, obwohl das Feuer der Leidenschaft längst erloschen ist. Wo ein Chef respektvoll mit seinen Mitarbeitern umgeht. Wo du wieder aufstehen kannst und weitergehst, auch wenn du mal so richtig am Boden liegst. Der Geist ist da, wo einer seinen Nachbarn in einer schweren Lage nicht allein lässt.

Wo dir jemand hilft, von dem du es als allerletztes erwartet hättest. Wo Familien in Eintracht beisammen sitzen. Wo die Alten versuchen die Jungen zu verstehen und die Jungen den Rat der Alten respektieren. Wo Verständigung möglich wird über alle Sprach-, Kultur- und Religionsgrenzen hinweg. Der Geist ist da, wo Freunde auch nach vielen Jahren noch zusammenkommen. Wein trinken, lachen und wissen: uns kann nichts trennen. Der Geist Gottes ist Freiheit und wo er weht, da werden Menschen verwandelt. Der Geist Gottes wirkt in uns selbst. „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern den Geist der Kraft der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1,7) Also: Teilen wir ihn aus und verwandeln die Welt! Denn General Löwenhjelm im Film hat recht: Alles ist möglich, wenn uns der Geist der Liebe begegnet. Frohe und gesegnete Pfingsten!
Pfarrer Karl Weber aus Sondershausen
Autor: red

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