kyffhaeuser-nachrichten.de
Informationstag für Nordthüringer Pendler

Zurück nach Hause

Mittwoch, 21. August 2019, 10:47 Uhr
In den letzten Jahrzehnten haben viele Thüringer ihr Glück außerhalb der Heimat gesucht, über 125.000 Thüringer pendeln zum Arbeiten in andere Bundesländer. Inzwischen hat sich das Blatt gewandelt, die Region sucht händeringend nach Arbeitskräften und hat dabei auch potentielle Rückkehrer fest im Blick. Anfang September plant man deswegen jetzt einen Informationstag für Pendler...

Zurück nach Hause - Landkreise organisieren Pendlertag (Foto: Angelo Glashagel) Zurück nach Hause - Landkreise organisieren Pendlertag (Foto: Angelo Glashagel)

Die Not war groß in den ersten Jahrzehnten nach der Wende, Arbeitsplatzmangel und ein erhebliches Lohngefälle trieben viele Thüringer ins Exil oder ließen sie lange Wege in Kauf nehmen, um in Lohn und Brot zu stehen.

Heute sind die Sorgen der Region andere. Allein in seiner Verwaltung wird man in den nächsten fünf Jahren ein Viertel der Belegschaft von 400 Mitarbeitern verabschieden, berichtete Nordhausens Landrat Matthias Jendricke heute. Und das sind nur die Abgänge aus Altersgründen, Ausscheiden durch Berufswechsel oder Krankheit fallen da noch gar nichts ins Gewicht. "Das ist eine große Drohkulisse, nicht nur für uns sondern auch für die Unternehmen der Region. Wir haben im Landkreis momentan rund 30.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Wenn wir dieses Niveau auch nur halten wollen, dann brauchen wir Zuwanderung."

Das müsse nicht gleich Migration sein, so der Landrat weiter, seit zweieinhalb Jahren kümmert man sich in Thüringen auch verstärkt um potentielle Rückkehrer und Auspendler. Allein im Landkreis Nordhausen stehen 7.117 Einpendlern 9416 Auspendler gegenüber, insgesamt pendeln im Freistaat 125.240 Personen regelmäßig in andere Bundesländer.

Am 07. September will man sich im Landratsamt mit genau diesem Personenkreis befassen und organisiert zusammen mit der "ThAFF", der Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung, einen Informationstag, der sich speziell an Pendler richtet. Vor Ort stehen Berater zur Verfügung, die mit den Interessenten Beratungsgespräche durchführen, Bewerbungsunterlagen prüfen und Perspektiven auch außerhalb des aktuellen Berufsfeldes aufzeigen.

"Der Wille zur Rückkehr ist bei vielen vorhanden, von der Küchenhilfe bis zum IT-Techniker, das geht Querbeet", sagt Andreas Knuhr, Teamleiter bei der ThAFF. Elf Informationstage hatte man im vergangenen Jahr in ganz Thüringen veranstaltet, dieses Jahr werden es 22 sein. Gründe für die Rückkehr seien oft familiärer Natur, etwa wenn Kinder ins Spiel kommen oder Angehörige gepflegt werden müssen. Viele potentielle Rückkehrer hätten zudem die langen Fahrwege satt, andere zieht es wegen Erbschaft oder Grundstückserwerb wieder zurück in die Heimat.

"Wir erleben oft, dass viele Menschen noch mit den Scheuklappen der Vergangenheit zu tun haben und mit der Heimat vor allem Perspektivlosigkeit verbinden, dabei hat sich die Region positiv entwickelt. Der Wunsch zur Rückkehr kommt häufig erst dann, wenn die Not groß genug wird und viele suchen dann 1 zu 1 nach dem, was sie bisher getan haben, auch wenn das heißt, dass man finanzielle Einbußen hinnehmen muss. In unseren Gesprächen versuchen wir deswegen auch ein Stück Lebensberatung zu geben und über den Tellerrand hinauszuschauen", sagt Knuhr.

Unternehmen werden am Informationstag nicht zugegen sein, man wolle die Breite des Angebots erhalten und sich nicht auf einen kleinen Kreis von Firmen konzentrieren, dafür gebe es im Freistaat jährlich über 100 Berufs- und Fachmessen. Konkrete Jobangebote hat man freilich trotzdem, die ThAFF betreibt eine eigene Stellenbörse, die allein für den Raum Nordhausen aktuell 61 Stellen auflistet.

Bleibt die Frage nach der Entlohnung. Thüringen befindet sich immer noch unter den Schlusslichtern im bundesdeutschen Vergleich. Dafür sind die Lebenshaltungskosten niedriger, Immobilien und Grundstücke günstiger und die Fahrtkosten entfallen für Ex-Pendler auch. "Wenn man diesen Personenkreis von Seite der Unternehmen ansprechen will, dann muss man das auch mit einer vernünftigen Einkommensperspektive verbinden, Mindestlohn reicht da nicht", sagt Landrat Matthias Jendricke. Außerdem müssten Unternehmen überlegen, was sie sonst noch tun könnten, um der Belegschaft entgegen zu kommen, etwa durch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexible Arbeitszeiten und Home-Office Angebote.

Neben dem direkten Kontakt versucht man zudem auch andere Zugangswege zu Rückkehrwilligen Exil-Thüringern zu finden. Die ThAFF sei im Jahr auf 250 Veranstaltungen in und außerhalb Thüringens unterwegs, berichtet Knuhr, zuletzt war man auf der Hannover-Messe und hat auf dem Leipziger Hauptbahnhof Pendler in Richtung Thüringen angesprochen. An den Hochschulen des Freistaates versucht man die Studenten aus anderen Bundesländern zum bleiben zu bewegen und über die Bundeswehr nimmt man Kontakt zu Zeitsoldaten auf.

v.l.: Landrat Matthias Jendricke, Maximilian Schröter und Andreas Knuhr (Foto: Angelo Glashagel) v.l.: Landrat Matthias Jendricke, Maximilian Schröter und Andreas Knuhr (Foto: Angelo Glashagel)

Der Landkreis geht noch einmal ganz andere Wege. Das Regionalmanagement, das Anstrengungen wie diese zwischen den Kreisen der Region koordiniert, hat eine kleine Zeitung produziert, die sich "Perspektive-Nordthüringen" nennt, mitsamt einer dazugehörigen Website. Die Idee wurde im Unstrut-Hainich-Kreis geboren und gerne übernommen, berichtet Maximilian Schröter vom Regionalmanagement. Die kleine Publikation wird zur Ferienzeit in Umlauf gebracht, etwa um Weihnachten herum, wenn viele Menschen mit Wurzeln in Nordthüringen für die Feiertage in die alte Heimat zurückkehren. "Die meisten Menschen haben noch persönliche Kontakte in die Region, das ist das wichtigste. Wir müssen Transparenz schaffen und auf die Möglichkeiten aufmerksam machen.", erklärte Landrat Jendricke.

Neben dem Termin in Nordhausen am 07. September wird man deswegen am gleichen Tag auch im Sondershäuser Landratsamt und bei der Stadtverwaltung Mühlhausen einen Informationstag veranstalten. Alle drei Angebote finden von 10 bis 15 Uhr statt.
Angelo Glashagel
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2024 kyffhaeuser-nachrichten.de