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Neues aus Bad Frankenhausen

Leserbrief zum geplanten Hotelneubau...

Montag, 14. Oktober 2019, 09:33 Uhr
... auf dem Schlossgarten in Bad Frankenhausen von einem Architekten im Ruhestand...

Das Hotel im Schlossgarten ist keine existentielle Maßnahme für die Entwicklung unseres Kur- und Tourismusstandortes. Existenziell wichtig sind in einer Kur-und Erholungsstadt die Grünflächen.

Ein Hotel kann, ohne Inanspruchnahme eine innerstädtischen Grünfläche, der vorhandenen Bebauung angepasst (§34 BauGB), an jedem anderen Standort unserer Stadt realisiert werden - zumal die weitere Entwicklung und Fördermittelbereitstellung für die Kyffhäusertherme noch unklar ist.

Die Kyffhäusertherme liegt beim Ranking „Die besten Saunen & Thermen 2019“ in Deutschland auf Platz 454 von 486 Einrichtungen (www.testberichte.de/testsieger/ …) und wird im Einzugsbereich von wesentlich stärkeren Thermen umgeben, die sich ebenfalls weiter entwickeln werden. Der gegenwärtige Einzugsbereich könnte ggf. weiter eingeschränkt oder im gewissen Maße stabil bleiben.

Kluge Stadtväter beseitigen mit Investitionen bestehende Missstände (z.B. „Helmut Just“, Barbarossgarten, Abbruchflächen u.v.a.m.). Der Schlossgarten ist kein Missstand.
Er ist, wie die meisten Grünflächen der Stadt, bewusst zu einer ungepflegten, innerstädtischen Wiese verkommen oder, wie der Anger, völlig zugepflastert worden.

Für mich stellt sich als Betroffener ebenfalls die Frage „Bauchen wir dieses Hotel auf dem Schlossgarten wirklich?“

Entsprechend den eingesehenen Belegungsplänen Frankenhäuser Hotelbetreiber sind Ihre Hotels nur zu ca. 50% ausgelastet. Bedarfsspitzen ergeben sich bei den drei städtischen Veranstaltungen (Kyffhäuserberglauf, Frühlings- und Herbstfest) sowie bei einigen Wochen in der Hauptsaison (Schulferien).
Mit dem geplanten „Großstadthotel“ (Ausdehnung: 64,80 x 63,93 x 14,00 m, Traufhöhe Schloss: 14,20 m, Traufhöhe vorhandene Bebauung 6,50m) plus einer mind. 2.000 m 2 Tiefgarage mit Rettungsweggebäuden unter dem Rest des Schlossgarten sollen Arbeitsplätze, Lehrstellen, Vereinsförderung, eine attraktive Innenstadt, Belebung der Wirtschaft und mehr Zuzug erreicht werden.

Mit dem Hotel entstehen zusätzlich ca. 200 Betten, die nach Aussage des Investors ganzjährig mit mindestens 140 Gästen/Tag (70%) ausgelastet werden sollen.
Offensichtlich tritt dann ein geplanter Verdrängungswettbewerb der bestehenden Hotelbetten mit 50% Belegung ein – wir haben dann ganzjährig ein erhebliches Bettenüberangebot, in dessen Folge die Gesamtbelegungsquote dramatisch weiter sinken wird. Es droht damit eine ernste Unwirtschaftlichkeit im gesamt-städtischen Hotelbettenbereich.

Die damit einhergehende Einkommensreduzierung gefährdet jedoch, entgegen der Rathausmeinung, Arbeitsplätze, Lehrstellen, Vereinsförderung, eine attraktive Innenstadt (was davon übrig geblieben ist), die Belebung der Wirtschaft, den Zuzug und mehr Gewerbesteuer.

Wäre es mittelfristig nicht wesentlich besser auf ein bezahlbares und niveauvolles HOSTEL mit niveauvollem Wohnmobilstellplatz am überregionalen Radwanderweg zu setzen? Dies könnte die Übernachtungsstruktur ohne Konkurrenzziel sinnvoll ergänzen und dem wachsenden Freizeitverhalten der Jogging-/ Berglaufanhänger, Wander-, Rad- und Motorradtouristen in einer verkehrsruhigen Umgebung entsprochen werden. Auch Klassenfahrten und sonstige Guppen-/ Individualreisenden sollte hier eine preiswerte Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stehen (z.B. bed & breakfast).
Viele dieser kleinen, individuellen Hotels schaffen wesentlich mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie einen bescheidenen Wohlstand für die Bürger und den Handels-und Dienstleistungssektor der Stadt als ein „Großstadthotel“.

Ein niveauvoll gestalteter Schlosspark ist für die schon stark reduzierten Grünflächen der Kurstadt (z.B. Anger) überlebensnotwendig. Er kann als Platz für Erholung, Entspannung und ganzjähriger Lebensraum dienen. Er verbessert das Kleinklima und wertet qualitativ die Stadt wenn möglich, auch überregional auf.
Grünflächen machen die Stadt nicht nur lebenswerter, sie speichern auch Wasser und sind daher in
der Lage, das Kanalisationsnetz bei starken Niederschlägen zu entlasten und die Vegetation erhalten.


Grünflächen sind als Erholungsräume in der Kurstadt von essentieller Bedeutung für die Lebensqualität der Bewohner und seiner Gäste - sie entsprechen nebenbei auch den aktuellen Forderungen der allseits begrüßten Massenbewegung von FFF (Fridays for Future) zur Klimaverbesserung.
Auch eine Parknutzung kann sehr multifunktional und überregional bedeutsam gestaltet werden.

Das Bauvorhaben Hotel auf dem Schlossgarten bewirkt einen riesigen, dauerhaften, also ewigen und unwiederbringbaren Verlust von innerstädtischer Grünfläche mit den zuvor beschrieben Vorteilsauswirkungen. (Selbst der Anger lässt sich mit einer Tiefgarage wieder begrünen).
Dagegen ist die Problematik „Knopfmacherhölzchen“ eine normale forstwirtschaftliche Maßnahme und jeder Zeit reproduzierbar.

Tragen Sie mit Ihrer NEIN-Stimme dazu bei, dass unsere Stadt nicht nur für die Gäste, sondern besonders auch für die Frankenhäuser attraktiv, lebenswert und zukunftsorientiert bleibt.
Dazu gehört auch die ökologische Nachhaltigkeit und ein entsprechendes Gestaltungsniveau in unserer lebenswerten Kleinstadt.

Abschließend möchte ich die eingemeindeten Bürger bitten, fairerweise nicht über die Entwicklung der Stadt Bad Frankenhausen abzustimmen. Sie haben eigene Lösungsansätze für Ihre Gemeindeteile, die auch wir Frankenhäuser respektieren müssen.

Reinhard Plaschke
Architekt und
Architekt für Städtebau i.R.
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Autor: khh

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