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Nach der Landtagswahl

Vom Wahlglück im grünen Herzen

Montag, 28. Oktober 2019, 13:00 Uhr
Das war schon ein heftiger Wahlabend. Mit vorhersehbaren, glücklichen und zu erwartenden Ergebnissen. Ein kurzer Blick auf die Prozente der Gewinner und Verlierer von Olaf Schulze.

Ramelow (Foto: Eva Wiegand) Ramelow (Foto: Eva Wiegand)

Zuerst sei an dieser Stelle allen Direktkandidaten ganz herzlich gratuliert, die gestern Abend den Einzug in den Thüringer Landtag geschafft haben. Mögen sie im Sinne der Nordthüringer Wähler walten und unsere Region gut vertreten.

Betrachtet man sich die Wahlergebnisse nur unter dem Aspekt der Prozentveränderungen so gilt die CDU mit 11,7 Prozent Verlust als der eindeutige Wahlverlierer. Das Erstaunen darüber, nur als drittstärkste Kraft in den Landtag einzuziehen sollte sich angesichts der klaren Wahlkampf-Aussagen von Spitzenkandidat Mohring in Grenzen halten. Wer nicht mit den Linken und nicht mit den Rechten koalieren will und hofft, aus dem Pool der verbliebenen einstelligen und untereinander zerstrittenen Parteien starke Koalitionspartner zu finden, dem fehlt der Blick für die Realität im Freistaat. Mit dem schlechtesten Abschneiden aller Zeiten sollte Mike Mohring darüber nachdenken, ob er der richtige Mann am richtigen Platz ist, denn das war eine derbe Klatsche.

Nicht viel besser erging es der SPD, die ohnehin auf niedrigem Niveau noch einmal ein Drittel ihrer Wählerschaft verlor und auf das historische Debakel von 8,2 Prozent der Stimmen kam. Spekulationen darüber, ob sich dieser erneute Verlust durch natürliche Auslese der SPD-Wähler erklären läßt, verbietet sich aber schon aus Pietätsgründen der „alten Dame“ gegenüber.

Ein kleines Wunder vollbrachten die GRÜNEN, indem sie als dritter Wahlverlierer mit 0,5 Prozent weniger als 2014 dennoch im Landtag verbleiben, obwohl sie schon beim letzten Urnengang nicht einmal 6 Prozent holen konnten. Der von vielen Medien herbeigeschriebene und -geredete große grüne Hype der letzten Wochen scheint jedenfalls komplett über das grüne Herz Deutschlands hinweggerauscht zu sein. Aber drin ist drin, auch mit 5,2 Prozent.

Der prozentual kleinste Gewinner ist der große Wahlsieger: die Partei die LINKE des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Nur 1,4 Prozent mehr, aber ein gigantisches, nie da gewesenes Ergebnis für die Nachfolger der DDR-Regierungspartei, weil auch schon die Werte von 2014 stattlich waren. Am 30. Jahrestag der friedlichen Revolution stimmten also über 30 Prozent der Thüringer Wähler für den Sozialismus.

Wenn bisher noch nicht bewiesen war, dass jede einzelne Stimme bei einer Wahl wichtig ist und zählt, dann war es gestern so weit. Mit 5,0005 Prozent der Stimmen, genau genommen mit ganzen 5 Stimmen sprang die FDP über der Fünfprozenthürde und kommt wieder zurück in den Landtag. Knapper geht es nicht und wir beglückwünschen die fünf Wähler, die letztlich für den Unterschied gesorgt haben. Die Liberalen konnten damit ihr Wahlergebnis gegenüber der letzten Wahl genau verdoppeln und werden als die glücklichsten politischen Glückspilze in die Geschichte demokratischer Wahlen eingehen.

Größter prozentualer Gewinner ist aber die AfD, die von 10,2 immerhin auf 23,4 Prozent kletterte und damit einen sensationellen Zuwachs von 13,2 Prozent verzeichnete. Die höhere Wahlbeteiligung, die von allen anderen politischen Kräften immer wieder gefordert wurde, um einen solchen Triumph der Höcke-Truppe zu verhindern, hat ihr sehr wahrscheinlich genützt. Aber so ist das eben in einer Demokratie und Wahlen sind kein Wunschkonzert.

Richtig spannend wird nun, wie es weitergeht in Erfurt. Eigentlich sind alle Wege für alles verbaut. Mal sehen, wer zuerst von seinen Wahlversprechungen abrückt …
Olaf Schulze
Autor: red

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