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Thüringer Lehrerverband appelliert:

„Wir brauchen jetzt eine Koalition der Vernunft“

Sonnabend, 16. November 2019, 13:36 Uhr


Der tlv thüringer lehrerverband hat eine Erklärung verabschiedet, in der an den Thüringer Landtag appelliert wird, im Sinne einer besseren Bildungspolitik eine zumindest vorübergehende „Koalition der Vernunft“ zu bilden. Der Appell würde den Vorsitzenden der Linkspartei, der SPD, der CDU, der Grünen und der FDP zeitnah per Brief zugehen...

„Es kann noch Wochen dauern, bis Thüringen eine neue Landesregierung hat“, erläutert der tlv-Landesvorsitzende Rolf Busch das Anliegen. „Aber so lange können die Schulen nicht warten.“ Da sich trotz aller sonstigen inhaltlichen Differenzen die Parteien überraschend einig seien, was den Stellenwert der Bildung und die diesbezüglichen Probleme in Thüringen angehe, seien die Voraussetzungen ideal, um „jetzt über Parteigrenzen hinweg etwas zu bewegen“.

Herbstappell des tlv thüringer lehrerverband
Die mit viel Spannung erwarteten Landtagswahlen sind nun vorbei, aber das einzige, was klar ist, ist die Tatsache, dass nichts klar ist. Wer wird künftig mit wem regieren? Noch scheinen alle Optionen offen, und der Zeitpunkt für die Bildung einer neuen Landesregierung ist äußerst ungewiss.

Keineswegs ungewiss sind hingegen die Schwierigkeiten, mit denen die Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher tagtäglich konfrontiert sind: Personalmangel (und deshalb Abordnungen, Vertretungsstunden, Mehrarbeit), eine zunehmende Zahl an verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen, sinkende Hemmschwellen für Gewalt gegen Lehrer und Erzieher, inklusiver Unterricht ohne die entsprechende räumliche und personelle Ausstattung … Und obendrauf ein neues Schulgesetz, das keineswegs für Entlastung sorgt, sondern noch zusätzliche Aufgaben schafft – etwa, indem es nun mindestens zwei Vertrauenslehrer pro Schule geben und jeder Klassenlehrer Teil eines obligatorischen Klassenrates sein muss.

Der tlv thüringer lehrerverband appelliert deshalb an Sie: Handeln Sie jetzt, um Lösungen für die drängenden Probleme in unseren Schulen zu finden. Der Wahlkampf ist vorbei, und es wird höchste Zeit, dass es in der Bildungspolitik vorangeht. Es darf nicht sein, dass sich die Parteien nun wochenlang um sich selbst drehen, denn es gibt viel zu viel zu tun.

Eines ist im Zuge des Wahlkampfes sehr deutlich geworden: Bildung ist ein Thema, das den Thüringern auf den Nägeln brennt. Und so groß Ihre inhaltlichen Differenzen sonst auch sein mögen: Sie sind sich alle einig, dass Thüringen mehr Lehrer braucht.

Warten Sie deshalb bitte nicht, bis irgendwann wieder klare politische Verhältnisse herrschen. Was wir jetzt brauchen, ist eine „Koalition der Vernunft“. Einen fraktionsübergreifenden Antrag für bessere Einstellungsbedingungen beispielsweise könnte die noch geschäftsführende Regierung trotz der fehlenden Mehrheitsverhältnisse umsetzen, wenn alle anderen demokratischen Parteien sie dabei unterstützen.

Was gibt es konkret zu tun? Die Initiative, künftig vier statt nur zwei Einstellungstermine anzubieten, ist ein Anfang – aber wir brauchen noch so viel mehr Veränderungen:

Multiprofessionelle Teams aus Sonderpädagogen, Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern, Schulgesundheitsfachkräften und behördlichen Vertretern, wie sie der tlv seit Jahren fordert, müssen endlich flächendeckend eingesetzt werden und permanent zur Verfügung stehen.
Die Ausbildung und Einstellung neuer Lehrerinnen und Lehrer muss sich am tatsächlichen Bedarf orientieren. Es genügt nicht, nur die durch Altersabgänge entstehenden Löcher zu stopfen.
Das Einstellungsverfahren in den Schuldienst ist weiter zu optimieren. Wichtige Schritte hierfür sind eine funktionierende zentrale Website sowie deutlich mehr schulscharfe Ausschreibungen.
Die bereits vor drei Jahren vom tlv entwickelte und dem TMBJS seitdem vorliegende Handreichung zum Thema „Absicherung der Unterrichtserfüllung“ muss endlich Beachtung finden und im Idealfall das vollkommen überholte „Erweiterte Monitoring“ ersetzen.
Die im Personalentwicklungskonzept angekündigte Vertretungsreserve muss verbindlich und unverzüglich aufgebaut werden.

Der tlv weist seit Jahren auf diese Probleme hin – aber unsere Vorschläge wurden allzu häufig abgetan. Jetzt ist es Zeit zu handeln – über Parteigrenzen hinweg. Und wir sagen Ihnen zu, dass der tlv auch der künftigen Landesregierung die Hand reichen und sie – im Sinne der Lehrer und Erzieher in Thüringen – bestmöglich unterstützen wird. Denn nur so können wir der Erfüllung unseres wichtigsten Anliegens, den Schülerinnen und Schülern die bestmögliche Schulbildung angedeihen zu lassen, näherkommen.
Rolf Busch, Landesvorsitzender des tlv thüringer lehrerverband für den Landeshauptvorstand
Autor: red

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