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Nach Entleerung der Talsperre Kelbra

Naturschützer wollen Strafanzeige stellen

Sonntag, 23. Februar 2020, 21:51 Uhr
Zur andauernden Entleerung des Stausees Kelbra erwägen die Naturschützer jetzt eine Anzeige gegen unbekannt. Auch heute wieder waren bei strömenden Regen freiwillige Helfer mit der Rettung von Fischen beschäftigt...

Abgelassene Talsperre (Foto: Anglerverein SGH) Abgelassene Talsperre (Foto: Anglerverein SGH)
Der Schlammpfropfen, kurz bevor er in die Helme abläuft

Der ehrenamtliche Geschäftsführer des Kreisanglervereins Sangerhausen, Frank Gabriel, informierte die nnz über das weitere Vorgehen der Naturschützer gegen die Entleerung der Talsperre in Kelbra. Das nachfolgende Schreiben wurde an die unteren Behörden des Landkreises Mansfeld Südharz, an das Landesverwaltungsamt, an das Umweltministerium und an den Talsperrenbetrieb gesendet.

Sehr geehrte Damen und Herren,
unterhalb des Stausees Kelbra erfolgt seit 2 Tagen am Bauwerk 1 eine unregelmäßige Entleerung der Talsperre Kelbra. Mal ist Wasser da, mal läuft kein Wasser, so dass die Fische teilweise kurze Zeit auf dem Trockenen liegen. Einige Bürger haben heute Morgen bei starkem Regen in Kelbra wieder selber Fische geborgen und mit Eimern in die Helme umgesetzt. Anschließend wird wieder Wasser verstärkt abgelassen. Dann verschwinden auch die eventuell vorhandenen toten Fische im Hochwasser der Helme. Nach Auskunft des Staumeisters ist der schwankende Wasserstand aber ein natürlicher Prozess, da im Staubecken sich zwischenzeitlich eine Art "Schlammpfropfen" vor dem Ablaufbauwerk bildet, (siehe Foto abgelassene Talsperre) welcher dann sich auflöst und der Schlamm dann über den Solgraben (Bürger von Kelbra nennen ihn auch Mühlgraben oder wegen der U-Schalen Schalengraben) in das Schutzgebiet Helme abläuft.

Diese in unseren Augen illegale Schlammentsorgung muss von den Behörden umgehend gestoppt werden. Wir geben Ihnen Gelegenheit, bis Montag dem 24.02.2020 um 12.00 Uhr dies Schlammentsorgung in die Helme im Interesse des Natura 2000 Gebietes 134 Helme zu stoppen. Wir werden morgen früh außerdem durch ein Anwaltsbüro prüfen lassen, ob der Straftatbestand nach § 329 StGB erfüllt ist. Sollte dem so sein, werden wir Anzeige bei der Polizei gegen Unbekannt erstatten und unseren gesamten Schriftverkehr einschließlich Presseveröffentlichung der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellen.
Wurden denn an diesem Wochenende durch den Gewässerkundlichen Landesdienst überhaupt Wasserproben auf Sedimente im Solgraben durchgeführt?

Toter Karpfen (Foto: Ulrich Reinboth) Toter Karpfen (Foto: Ulrich Reinboth)

Wasserstand heute im Mühlgraben gegen 10.40 Uhr mit erstem toten Karpfen

Wasserstand am Nachmittag (Foto: Ulrich Reinboth) Wasserstand am Nachmittag (Foto: Ulrich Reinboth)
Wieder hoher Wasserstand am Nachmittag gegen 17.25 Uhr

Die Fotos wurden uns von Bürgern zur Verfügung gestellt. Sie zeigen den stark schwankenden Wasserstand und die dunkelbraunen Sedimente im Solgraben und bisher den offiziell ersten toten Karpfen.
Als Vorstand des Kreisanglervereines gehen wir jetzt davon aus, dass die Behörden, wie in der Vergangenheit, umgehend verantwortungsvoll handeln.
Langfristig ist zu prüfen, ob man den Schlamm nicht vorher in der Talsperre absaugen und damit für das Gewässersystem Helme unschädlich machen kann.

Im Strafgesetzbuch heißt es dazu:

Strafgesetzbuch (StGB)
§ 329 Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete

....

(4) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten in einem Natura 2000-Gebiet einen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck dieses Gebietes maßgeblichen

1. Lebensraum einer Art, die in Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7) oder in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/17/EU (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) geändert worden ist, aufgeführt ist, oder

2.natürlichen Lebensraumtyp, der in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/17/EU (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) geändert worden ist, aufgeführt ist,

erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe

1.in den Fällen der Absätze 1 und 2 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe,

2.in den Fällen des Absatzes 3 Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(6) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Das Bild der abgelassenen Talsperre zeigt den erwähnten Schlammpfropfen, kurz bevor er in die Helme abläuft. glänzend führen die Umweltschützer aus, dass ein Gewässer, in dem keine Fische befinden zu einer rasend schnelenl Vermehrung von Mückeln kommt, weil Fische am liebsten Mückenlarven fressen. Dann, so argumentieren sie weiter, werden wohl auch viele Touristen von der fischfreien, aber mückenlastigen Talsperre fern bleiben.
Autor: red

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