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Landespolitiker äußern sich

Vorschlag zum "Kommunalen Solidarpakt"

Montag, 18. Mai 2020, 18:25 Uhr
Thüringer Finanzministerin Heike Taubert befürwortet Vorschlag zum "Kommunalen Solidarpakt", fordert jedoch Nachbesserungen. Ostdeutsche Gemeinden müssen angemessen profitieren. Kritik an Altschuldenregelung. Dazu diese Meldung aus dem Thüringer Finanzministerium...

Die Folgen der Bekämpfung der Corona-Pandemie reißen große Löcher in die verabschiedeten Haushaltspläne und die laufenden Haushaltsplanungen. Zudem stehen Bund, Länder und Gemeinden unter dem Eindruck der jüngsten Steuerschätzung, die drastische Mindereinnahmen für alle drei Ebenen vorausgesagt hat.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat mit dem „Kommunalen Solidarpakt 2020“ nun einen Vorschlag präsentiert, mit dem er – gemeinsam mit den Ländern - zumindest den Kommunen helfen möchte. Bausteine sind der Ausgleich des Rückgangs der Gewerbesteuer, die Übernahme kommunaler Kassenkredite sowie eine höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der ostdeutschen Länder für die Zusatzversorgungssysteme der ehemaligen DDR vor.

Finanzministerin Taubert sagt: „Der Bund übernimmt mit dem Zuschuss zur Gewerbesteuer Verantwortung für die deutschen Kommunen. Das ist begrüßenswert.“ Sie führt aus: „Für die Thüringer Gemeinden beträgt das erwartete Minus im Ergebnis der jüngsten Mai-Steuerschätzung bei der Gewerbesteuer 183 Millionen Euro im laufenden Jahr. Aus dem Kommunalen Solidarpakt würden die Thüringer Gemeinden schätzungsweise etwa 310 Millionen Euro erhalten, davon würde das Land Thüringen die Hälfte tragen. Wir haben in unserem Corona-Sondervermögen bereits Vorsorge zur Verbesserung der kommunalen Haushaltslage getroffen. 185 Millionen Euro sind als besondere Bedarfszuweisungen zur Abwehr der Pandemiefolgen vorgesehen. Durch die Zuweisungen des Bundes erhalten die Thüringer Kommunen Hilfen, die auch Mindereinnahmen und Mehrausgaben in anderen Bereichen abdecken.“

Kritisch sieht die Thüringer Finanzministerin den Vorschlag, kommunale Kassenkredite je hälftig zu Bund und Ländern umzuschulden: „Die Finanzierungsüberschüsse der kommunalen Ebene in Thüringen zeigen, dass das Land Thüringen seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen nachkommt. Kommunale Kassenkredite sind in Thüringen ein Einzelproblem.“

Besonders belastet durch kommunale Kassenkredite sind hingegen die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen sowie dem Saarland. Taubert bilanziert: „Thüringen würde von einem solchen Programm kaum profitieren. Von den hierfür vorgesehenen 45 Milliarden Euro kommt kaum ein Euro den Thüringer Gemeinden zugute.“

Entlastet werden sollen Kommunen mit einem Kassenkreditbestand – vor Beginn der Corona-Krise – von mehr als 100 Euro je Einwohner. Die Schuldübernahme von Kassenkrediten ist keine wirkliche Hilfe für die betroffenen Kommunen, da sie an ihrer negativen Finanzierungsbilanz nichts ändert und ihre Ursachen unberührt lässt. Ministerin Taubert sieht die unterschiedlichen Entlastungswirkungen zwischen ost- und westdeutschen Kommunen kritisch, die mit einer solchen Schuldenübernahme einhergehen.

Als Ausgleich sieht die Thüringer Finanzministerin im dritten Baustein des kommunalen Solidarpakts einen Schritt in die richtige Richtung. „Seit nunmehr über fünf Jahren fordere ich eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten der ostdeutschen Länder für die Zusatzversorgungssysteme der ehemaligen DDR. Inzwischen haben sich alle ostdeutschen Länder dieser Forderung angeschlossen“, macht Taubert deutlich. Zuletzt beliefen sich die Ausgaben Thüringens hierfür im Jahr 2019 auf 438 Millionen Euro.

Der Vorschlag des Bundesfinanzministers sieht eine Entlastung Thüringens um etwa 53 Millionen Euro vor. „Diese Entlastung steht in keinem Verhältnis zu den Vorteilen der besonders überschuldeten westdeutschen Kommunen aus einer Übernahme der kommunalen Kassenkredite. Der Bund sollte den Betrag in einem ersten Schritt verdoppeln. Dies entspräche einer Umkehr der bisherigen Finanzierungsanteile von Bund und Ländern. Die frei werdenden Spielräume im Landeshaushalt können wir dann auch zur Stärkung der Finanzlage unserer Kommunen einsetzen.“

Die Vorschläge aus dem Kommunalen Solidarpakt erfordern voraussichtlich eine erneute Grundgesetzänderung. Ministerin Taubert hierzu: „Auf eine schwere Krise mit einer Verfassungsänderung zu reagieren, halte ich für höchst problematisch. Sofern sich ein Eingriff in das Grundgesetz nicht vermeiden lässt, sollte er zwingend zeitlich befristet sein und sich auf das finanzpolitisch Notwendige beschränken.“ Hintergrund ist, dass Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft voneinander unabhängig sind und die Kommunen im Grundgesetz den Ländern zugeordnet sind.

Ministerin Taubert: „Nach der Krise sollten wir uns die Zeit nehmen und überprüfen, ob Bund, Länder und Gemeinden jeweils für die wahrzunehmenden Ausgaben finanziell ausreichend ausgestattet sind. Lieber sollten wir an dieser Stellschraube drehen, als Hilfswege ins Grundgesetz hineinzuschreiben, die dort nicht hineingehören.“ Stattdessen schlägt die Thüringer Finanzministerin eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zu Gunsten von Ländern und Kommunen vor.

Nach Vorstellungen des Bundesfinanzministers soll die Beschlussfassung der Bundesregierung zu dem Kommunalen Solidarpakt noch vor der Sommerpause 2020 erfolgen. Das anschließende Gesetzgebungsverfahren soll im November 2020 abgeschlossen sein. Ministerin Taubert betont abschließend: „Sofern von dem Vorschlag eine wirksamer Impuls ausgehen soll, ist dieser enge Zeitplan notwendig.“
Autor: khh

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