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AUSGEWERTET

Was die Gebührenzahler wirklich wollen

Sonntag, 12. Juli 2020, 16:13 Uhr
Die Wellen der Diskussionen um die Erhöhung der Gebühren für ÖRR-Rundfunk und -Fernsehen schlagen in fast allen Medien hoch. Wir haben uns mit einer Strichliste im Internet auf die Lauer gelegt, um zu ermitteln, was die Mehrheit der Nutzer haben will und was nicht, welche „Grundversorgung“ gewünscht wird und was total überflüssig ist...


Unberücksichtigt bei allen Auswertungen blieben persönliche Vorlieben und Abneigungen. Diese wechseln nämlich im Laufe eines hoffentlich langen Lebens. Beispiel: „Ich mag Sport“ steht kontrovers zu „Ich mag keinen Wintersport oder kein Fußball oder kein Boxen usw.“. Ich denke, diese Meinungen kann der gewissenhafteste Programmplaner nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Um es mit einem alten Sprichwort zu sagen: Es recht zu machen jedermann, ist eine Kunst, die keiner kann.

Ob eine Sendung, ein Moderator, ein auftretender Künstler usw. Kosten/Gehalt/Gage wert sind, kann ich nicht beurteilen. Zweifel sind durchaus berechtigt. Geäußert werden dürfen sie auch. Ob man dabei unter die Gürtellinie schlagen sollte, muss jeder mit sich selbst ausmachen.

Fangen wir beim Sparpotential der ÖRR an.
Programmwiederholungen (gerade auch mehrfache!) braucht heute keiner mehr. Für „Sendung verpasst“ gibt es die Mediatheken. Für den Wunsch, eine Sendung langfristig zu speichern, gibt es Festplatten, DVD-Recorder und ganz zur Not bei einem Gerät mit Scart-Steckverbindern auch noch den Videorecorder. Internetanbieter (ausprobiert habe ich 1&1, mit einer wirklich sehr guten, leicht zu bedienenden, TV-App) schieben eine Sendung, auch eine ganze Sendereihe, für den Kunden in eine Cloud. Allerdings ist diese Speicherkapazität beschränkt. Man sollte also Sendungen, die man gesehen hat, löschen, damit Platz für Neues wird.

Mehrfachabstrahlungen eines Programms, nur um die Ländergrenzen einzuhalten, braucht niemand. Nicht nur hier sollten sich die Verantwortlichen der Länderanstalten zusammensetzen und im Sinne der Zuschauer, Zuhörer entscheiden und den Länderegoismus verbannen. Eines der schlechtesten Beispiele findet man in unserer Region. Die Sender Torfhaus und Brocken senden die Programme Das Erste, ONE, PHOENIX, arte, tagesschau24, NDR NDS, WDR, hr, MDR S-A, BR, täglich rund um die Uhr jeweils mit 32 und 50 kW Strahlungsleistung der Bouquets. Nur zwischen 19 und 19.30 Uhr gibt es Abweichungen wegen der Ländermagazine. Dass der Brocken mühelos das gesamte Gebiet versorgen kann, beweist das ZDF mit seinem Bouquet, dass vom Torfhaus seit einigen Jahren nicht mehr abgestrahlt wird.

Es gibt im Bereich der Technik viele Einsparmöglichkeiten bundesweit. Deren Ausnutzung tut keinem Nutzer weh, kann aber seinem Geldbeutel gut tun, wenn die Einsparungen zu sinkenden Gebühren führen.

Wer die Möglichkeiten hat, aber nicht sparen will, hat kein Recht auf steigende Gebühren.

Was wünschen sich die Zuschauer/Hörer von Rundfunk und Fernsehen?

Eine möglichst sichere Versorgung mit einer überschaubaren Programmvielfalt, also die immer wieder angesprochene Grundversorgung. Weniger Quantität und mehr Qualität stehen ebenfalls auf der Wunschliste.

Der Radiohörer wünscht sich vor allem unterwegs stabile Empfangsmöglichkeiten, meist nur von 1-3 Programmen. Selbst intensive Radiohörer kennen meist nur wenige Programme.

Dass DAB+ die Wünsche der Radiohörer am besten erfüllen kann, hat sich neuesten Erhebungen zufolge in Bayern am weitesten herumgesprochen. 40 % der Radiohörer dort nutzen DAB.

In dem Zusammenhang gibt es erfreuliche Neuigkeiten. Bereits im September soll ein neuer, in der Endausbaustufe bundesweiter, Kanal (5D) hinzukommen. Bis Jahresende rechnet man mit 80% Flächenabdeckung. Einige Radioprogramme stehen schon fest, im August soll die komplette Programmliste veröffentlicht werden. Zusammen mit Kanal 5C kann man dann mit etwa 25-30 Programmen rechnen, die man auf dem Weg von den Alpen bis an Nord- und Ostsee hören kann, ohne einmal das Radio bedienen zu müssen. Es wird interessant sein, wie viele ÖRR-Programme (außer DLF) man damit empfangen kann.

Forschungsarbeiten in Braunschweig zur störungsfreien Auftrennung der Multiplexe sind gut vorangekommen, so dass es z. B. möglich sein wird, jeweils nur die Verkehrsmeldungen aus dem Gebiet zu empfangen, durch das man gerade fährt.

Ganz eindeutig muss man die Sendernetze auf dem neuesten Stand der Technik halten. Die Wirtschaftlichkeit muss dabei in den Vordergrund treten. Die geografischen Bedingungen richten sich nicht nach den Ländergrenzen. Das bedingt auch Investitionen, die aber durch Einsparungen von vielen Kilowattstunden Elektroenergie, durch qualifizierten Um- und Rückbau, mehr als ausgeglichen werden können.

Verheerend ist die Einstellung: Das haben wir schon immer so gemacht, das machen wir auch weiter so. Dass ein ganzer niedersächsischer Landtag im Abstimmungsverhalten zu Rundfunk- und Fernsehtechnik 100% dieser Ansicht ist, ist heute kaum noch zu akzeptieren, vor allem aber nicht im Sinne der Gebührenzahler.

Den Zuschauern und Radiohörern ist es vollkommen egal, ob ihre Lieblingsprogramme im eigenen oder einem benachbarten Bundesland oder im Weltall ausgestrahlt werden. Wer Satellitenempfang nutzen kann, ist ohnehin klar im Vorteil. Er kann auch mit gutem Gewissen fernsehen und Radio hören, denn den Strom für die Sender liefert die Sonne und die Reichweite ist ein vielfaches größer, als bei jeder terrestrischen Verbreitungsart.

Nicht Klagen und Lamentieren über zu wenig Geld sollte die Tätigkeit der Rundfunkanstalten sein, sondern das Handeln zum Wohle Ihrer „Kunden“.
Jürgen Wiethoff
Autor: psg

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