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Thüringer Landesregierung will sich dagegen positionieren

Kommt heute der nächste Lockdown?

Mittwoch, 28. Oktober 2020, 10:47 Uhr
Bevor heute Nachmittag in Berlin von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder über die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus beraten wird, sind die Diskussionen darüber bereits in vollem Gange...



Entlang von Rhein und Ruhr ziehen sich die Hotspots der Infizierten vom Südwesten der Republik in nördliche Richtung, werden dann in Friesland aber gestoppt. Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen sind gefordert, gemeinsam mit dem Berliner Senat darüber nachzudenken, wie es auf ihrem Gebiet zu solch hohen Ansteckungszahlen kommen konnte und wo die Ursachen für den weiteren Anstieg liegen.

Weite Teile des östlichen Deutschlands (mit Ausnahme von Berlin) sind hingegen weniger betroffen und gerade in Thüringen stellt sich die Situation momentan nicht dramatisch dar. Hier sind im Verlaufe des gestrigen Tages 73 neue Infektionen festgestellt worden. In Nordrhein-Westfalen waren es zum Vergleich 3 678, wobei wir hier von einer Bevölkerungszahl von 17 Millionen sprechen, während Thüringen gerade mal auf zwei Millionen Einwohner kommt.

Aufgrund dieser Zahlen ist es verständlich, dass Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) sich gegen einen weiteren bundesweiten Lockdown wehrt. Schon gestern, einen Tag vor dem richtungsweisenden Treffen im Bundeskanzleramt diktierte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland in die Blöcke: „Ich bin keine nachgeordnete Behörde des Kanzleramts.“ Ramelow will eine Panik wegen der Pandemie verhindern und weist darauf hin, dass die Krankenhäuser des Freistaats gut vorbereitet und es keineswegs eine bedrohlich hohe Auslastung der Intensivbetten gibt. Das wäre auch verwunderlich, denn laut einer Nachfrage der BILD-Zeitung von gestern werden deutschlandweit aktuell lediglich 1304 Corona-Patienten intensivmedizinisch behandelt, wovon 592 „invasiv beatmet“ werden müssen.

Eine flächendeckende Schließung von Geschäften, Restaurants oder Schulen lehnt der Thüringer Ministerpräsident deshalb ab. Ihm gegenüber steht Bayerns Markus Söder, der vehement eine bundesweite Verschärfung der Regelungen fordert und auch der baden-württembergische CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl verlangt einen einwöchigen Lockdown. Beide Politiker mögen für ihre stark betroffenen Bundesländer zweifellos gut daran tun, die Eindämmungsmaßnahmen zu optimieren, aber ist das auch in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Thüringen sinnvoll?

Angela Merkel dürfe ihre Rolle bei der Eindämmung nicht überstrapazieren und müsse sich den Grenzen ihrer Kompetenz bewusst sein, äußerte ein selbstbewusster Bodo Ramelow gestern weiter. Besonders in der Gastronomie, die sich nach Untersuchungen des RKI nicht als großer Virusverteiler herausgestellt hat, sowie im Veranstaltungswesen und den kulturellen Einrichtungen fürchtet man den nächsten Lockdown.

So macht denn auch die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband der Systemgastonomie Andrea Belegante ihrer Sorge Luft: „Unsere Mitglieder haben bewiesen, dass sie verantwortungsvoll und mit durchdachten und behördlich genehmigten Konzepten alle Hygienevorgaben beachten und umsetzen. Wir geben ein Stück Normalität und Raum für kontrollierte Zusammenkünfte. Es ist schlicht nicht mehr nachvollziehbar, weshalb die (System-) Gastronomie erneut an den Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs gedrängt wird.“

Der Deutsche Hotellerie- und Gastronomieverband (Dehoga) kündigte heute an, eine Klage einzureichen, sollte ein neuerlicher Lockdown beschlossen werden.

Die großen Weihnachtsmärkte wie in Nürnberg, Frankfurt oder anderswo finden so gut wie nicht mehr statt. Erfurt hat schon abgesagt und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) verkündete für seinen Rest-Weihnachtsmarkt schon neinmal vorsorglich: „Es gibt keinen Glühwein, keine Bratwurst und keine Kräppelchen.“

Über die anstehenden Entscheidungen von Berlin und die Reaktionen darauf werden wir Sie heute Nachmittag hier in der nnz aktuell auf den neusten Stand bringen.
Olaf Schulze
Autor: osch

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