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Ein Vorschlag zur Unterrichts-Unterstützung in der Krise

Bildung oder Fernsehen oder Bildungsfernsehen?

Donnerstag, 21. Januar 2021, 15:30 Uhr
Welche Aufgaben könnte der staatstragende öffentlich-rechtliche Rundfunk übernehmen, um Schülern und Lehrern dieser Republik in der momentanen Krisensituation zu helfen? Diese Frage stellt sich Olaf Schulze und erinnert sich an früher …

Big Ben und Houses of Parliament in London, dem Sitz der BBC (Foto: privat) Big Ben und Houses of Parliament in London, dem Sitz der BBC (Foto: privat)


Im Zusammenhang mit den Schulschließungen während des Lockdowns wird auch in Nordthüringen über die Entwicklung des digitalen Lernens diskutiert und wir berichteten schon einige Male darüber. Dabei gäbe es bis zu zur Umsetzung einer zufrieden stellenden Digitalisierung doch noch eine ganz andere Lösung.

Gestandene DDR-Kinder werden sich vielleicht noch an Tom und Peggy (nicht zu verwechseln mit Tom und Jerry - das war im anderen Kanal) erinnern. Diese beiden jungen Menschen lebten in London und bereicherten die Sendung „English for you“ im DDR-Fernsehen, die den fakultativen Unterricht ab der 7.Klasse in den polytechnischen Oberschulen begleitete. Mit Sketchen und Dialogen im feinsten Oxford-Englisch erlernten wir damals spielerisch die Sprache des Klassenfeindes. Dass Tom und Peggy Mitglied der kommunistischen Partei Englands waren, hat ebensowenig gestört wie die Communist Party in London von Relevanz war.

An diese witzigen Sendungen („Are you old?“ „No, I’m young. I’m Tom Young.“) und viele andere Lernangebote bis hin zu den Verfilmungen der Romane, die wir in der Schule behandelten, erinnerte ich mich kürzlich als ich las, dass in Großbritannien in der Corona-Zeit ein Schulfernsehen eingeführt wurde, um den Lockdown in den britischen Schulen abzufedern. Die British Broadcast Company (BBC) ist ein weltweit agierender öffentlich-rechtlicher Sender und stellt sich dieser Herausforderung im Vereinigten Königreich.

Nun haben wir in Deutschland bekanntlich auch öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, darunter zwei separate Fernsehsender und eine ganze Menge regionale Studios. Wir haben sogar einen eigenen, ebenfalls von den Gebühren der deutschen Privathaushalte finanzierten, Kindersender. Angetreten war der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk ursprünglich wie auch die BBC mit einem Bildungsauftrag für die Bevölkerung. In Paragraph 11 des Rundfunkstaatsvertrages heißt es daher: „Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. (…) Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen.“

Die Bildung der deutschen Kinder wäre dann wohl im Kinderkanal (KIKA) anzusiedeln, sollte der geneigte Betrachter meinen, da es in ARD und ZDF nichts zu sehen gibt, was auf Schulfernsehen oder gezielter Vermittlung verschiedener Lehrpläne hindeuten würde. Ein Blick in die Programmvorschau zur besten „Beschulungszeit“ am Vormittag zeigt uns allerdings, dass nicht etwa die Grundlagen der Algebra oder die Bildung einfacher Worte aus verschiedenen Buchstaben auf dem Sendeplan des KIKA stehen, sondern aus der Zeichentrickserie „Das Dschungelbuch“ wird die Folge „Eierdiebe“ gegeben.

In Krisenzeiten we den heutigen, die in Deutschland zu allem Überfluss noch von einer mangelnden digitalen Infrastruktur (von Netzerreichbarkeit bis hin zu Geräten und Software) an den Schulen geprägt sind, wäre ein gezieltes Schulfernsehen ein wichtiges und hilfreiches Angebot gewesen.

Stattdessen ziehen die Verantwortlichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland vor Gericht um eine Gebührenerhöhung von 83 Cent einzuklagen. Und sie drohen damit, dass sie bei einer weitere Ablehnung ihre bisherige Sendetätigkeit nicht fortsetzen könnten.

Ein ganz aktuelles Beispiel gibt uns der Mitteldeutsche Rundfunk, der jetzt verkündete, ab dem Sommer nicht mehr über die Fußballregionalliga Nordost zu berichten, in der momentan acht der bedeutendsten Clubs im Sendegebiet spielen.

Vielleicht sollten sich die Intendanten schleunigst an ihren Bildungsauftrag aus dem Rundfunkstaatsvertrag erinnern und endlich etwas Sinnvolleres in der Corona-Zeit unternehmen, als Gebührenerhöhungen zu fordern, während um sie herum ganze Branchen und Berufsgruppen einfach den Bach runtergehen und nicht wissen, wie sie ihre Miete oder ihr Essen noch bezahlen sollen?

Wie wäre es zum Beispiel wenn ARD und ZDF Schulen und Schülern mit Lehrangeboten helfen würden?

Wer braucht noch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn der sich in Krisenzeiten nicht helfend zur Verfügung stellt, sondern ganz im Gegenteil auf eine Gebührenerhöhung pocht?
Olaf Schulze
Autor: osch

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