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Corona-Krise

Thüringer Professorin zu möglichen Strategien

Freitag, 19. Februar 2021, 17:03 Uhr
Im Umland des Kyffhäuserkreises, genauer gesagt, in der Hauptstadt Erfurt, ist Caroline Betsch als Psychologin und Expertin für Gesundheitskommunikation an der städtischen Universität tätig. Seit Monaten beschäftigte sich die Wissenschaftlerin damit, wie verordnete Maßnahmen bei der Bevölkerung ankommen und in die Tat umgesetzt werden...


Zu diesem Zweck rief sie eine eigene Studie, das Umfrageprojekt „Covid-19 Snapshot Monitoring“ (COSMO), ins Leben. Seit März führte sie damit in Abständen von ein bis zwei Wochen repräsentative Stichproben durch, die die Stimmung der Bevölkerung einfangen sollte.

Gegenwärtig kann Caroline Betsch aufgrund der gesammelten Daten eine deutliche Tendenz ableiten. “Das Vertrauen der Menschen in die Regierung sinkt, ausgerechnet vor allem bei denen, die die Maßnahmen zum Schutz vor dem Virus eigentlich befürworten.Daraus entwickelt sich eine Trägheit, auf veränderte Situationen zu reagieren – was vor allem angesichts der neu aufgetretenen Mutationen schlecht ist.” Hier zeigt sich deutlich, dass eine Strategie, welche mit einer Eindeutigkeit zu ergriffenen bzw. gelockerten Maßnahmen einhergeht, Menschen eher motiviert. Würde klar sein, dass bestimmte Maßnahmen bei einem gewählten Indizwert angepasst werden, steigt der Wille, Einschränkungen in den Kauf zu nehmen, an.

Die Thüringer Psychologin sieht hier allerdings auch ein mögliches Problem darin, dass viele Maßnahmen auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. “Kleine Strafen könnten die Wahrnehmung über den Sinn dieser Maßnahmen fördern - zu hohe Strafen fördern dagegen wohl nur ein Verhalten, das auf diese Strafen fixiert ist.”

Aus den aktuellen, gesammelten Daten geht laut Caroline Betsch außerdem hervor, dass Minister und andere Entscheidungsträger zum Handeln aufgefordert werden. “Aus den Umfragen zeigt sich ein klarer Auftrag an die Politik, etwas anderes zu entwickeln als die bisherige Strategie. Hauptsache eine andere, kann man fast sagen. Eine klare, planbare, einfache Strategie würde die Menschen wieder motivieren. Das können wir sehen. Fast 80 Prozent der Bürger möchten zudem ein einheitliches System zum Pandemieschutz.”. Eine eigenständige Regelung durch Bundesländer sei somit laut Betsch keine sinnvolle, langfristige Option.

In Zusammenhang mit jener durchgeführten Langzeitanalyse ging es auch um speziellere Maßnahmen. Um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren, könnten Geschäfte dafür passende Apps zu Raumhöhe, Luftvolumen oder Luftaustausch einsetzen. Schulen und Kitas könnten durch Ventilatoren in den Fenstern geholfen werden, was ohne großen Kostenaufwand möglich wäre. Dass jene ermittelten, beispielhaften Ansätze jedoch nur unzureichend funktionieren und deshalb eine Öffnung in diesen Bereichen nach wie vor schwierig ist, ist laut der Thüringer Professorin Mängeln der offiziellen Gesundheitskommunikation geschuldet: “Über zwei Drittel informieren sich häufig, und neues Wissen verbreitet sich schnell. Aber trotzdem gibt es relevante Lücken. Noch immer wissen erst 70 Prozent, dass Covid auch durch Aerosole übertragen wird. 30 Prozent wissen also nicht, dass sich die Viren vor allem über die Ausatemluft verbreiten, und sie sich und andere so anstecken können, wenn wir uns ungeschützt anatmen.”

Um langfristig bessere Strategien müssten sich wichtige Information laut Betsch auch besser durchsetzen können. Dass dies nur eingeschränkt funktioniert führt sie unter anderem auf die allgemeine Pandemiemüdigkeit zurück. “Die Leute nehmen inzwischen auch nicht mehr jedes Fitzelchen an Information wahr. Und es gibt zu viel halbgare Informationen, leider auch in den Medien. Von Ministerpräsidenten wird sehr viel sofort zerredet, danach gelten die neuen Regeln auch noch unterschiedlich in den verschiedenen Bundesländern. Das erschöpft die Menschen einfach”.
Autor: nis

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