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Landschaftspflegeverband Südharz/Kyffhäuser

Hilfe für das Grüne Herz

Freitag, 22. Januar 2021, 08:49 Uhr
Wer die heimische Natur erhalten will, der muss sie schützen. Seit bald 10 Jahren ist das auch Aufgabe des Landschaftspflegeverbandes Südharz/Kyffhäuser. Vor dem Jubiläum blickt der Verein ins vergangene Jahr und gibt einen ersten Ausblick auf die kommenden Monate...

Von A wie Auerhuhn bis Z wie Zwergfledermaus über Geburtshelferkröte, Kranich, Rotmilan, Kammmolch und viele mehr: Die reiche Artenvielfalt mit über zwei Dritteln der in Deutschland vorkommenden Tier- und Pflanzenarten beeindruckt nicht nur bei „Scrabble“ oder „Stadt Land Fluss“. Thüringens Fläche besteht zu 17% aus FFH-Gebieten und damit aus verschiedenen Schutzzonen für heimische Tier- und Pflanzenarten. Für alle Faktenfans: Man schätzt die Zahl der verschiedenen Arten auf 55.000, womit Thüringen eines der artenreichsten Bundesländer Deutschlands ist (und das bei nur 4,5 Prozent der Fläche). Es erklärt sich daher schnell, warum man auch vom „Grünen Herz Deutschlands“ spricht.

Wie wichtig ein Herz ist, weiß jedes Kind. Ein solches benötigt Aufmerksamkeit und Schutz, um zuverlässig arbeiten zu können. Das zu erkennen, dazu braucht es manchmal etwas Zeit. Bei einem so komplexen Konstrukt verwundert es dann nicht, dass allerorts Schwierigkeiten auftreten können und entsprechende Unterstützung notwendig wird.

Ähnlich geht es auch unserem metaphorischen „Grünen Herzen“ in Thüringen. Die medial sehr präsente Borkenkäferplage sei dabei nur ein Beispiel. Auch jegliche noch so kleine Bachbiotope oder Blühstreifen am Feld können durch menschlichen Eingriff oder sich ändernde Naturphänomene, wie zum Beispiel anhaltende Dürren, gefährdet werden.

Ein auf längere Zeit ausgetrockneter Tümpel verwehrt die Laichplätze vieler Amphibien, ein neu umgepflügter Randstreifen zerstört unterirdische Feldhamsterbauten sowie überirdische Wildkräuterbestände und damit die Lebensgrundlage vieler Insekten. Bienen lassen sich nicht allein durch die Kontrolle von Pestiziden retten und Fledermäuse brauchen mehr als die eine leerstehende Scheune im Dorf. Doch wer kümmert sich eigentlich darum, unsere einzigartige, natürliche Vielfalt zu wahren und wie gelingt das in unserer Welt trotz Ackerbaus und Föderalismus? Oder kurz, wie funktioniert eigentlich moderner Naturschutz vor Ort?



So ganz einfach ist das natürlich nicht zu beantworten. Es gibt verschiedene Förderprogramme, die darauf abzielen, Naturschutz in der Region erfolgreich zu gestalten. Für das Land Thüringen sind das z.B. NALAP (Natur- und Landschaftspflege)-Projekte, auf EU-Ebene neben vielen anderen ENL (Entwicklung von Natur und Landschaft)-Projekte und auf Bundesebene läuft alles wieder ganz anders. Aber genug von Abkürzungen und Bürokratie! An dem konkreten Beispiel des Landschaftspflegeverbandes Südharz/Kyffhäuser e.V. (LPV) im Norden Thüringens sowie dessen Natura 2000-Station sollen die vielseitigen Anforderungen der Arbeit deutlich gemacht werden.

Fangen wir regional an: Im letzten Jahr wurden 11 verschiedene NALAP-Projekte umgesetzt, so zum Beispiel die Teichsanierungen im Teichtal Hainrode. Dieser bietet ein ideales Habitat für Amphibien wie Kamm-, Berg- und Teichmolche, Erd- und Geburtshelferkröten sowie Teich- und Grasfrösche.

Fast alle davon, wie auch der streng geschützte Kammmolch, zählen zu den bedrohten Arten. Im mittleren Teich wurden beispielsweise Flachzonen für die Laichablage der Amphibien geschaffen. Die Eintrübung durch Sedimente und Schlamm, verursacht von Weiß- und Raubfischen, erschwerte den Aufwuchs unter Wasser lebender Pflanzen und gefährdete die Amphibienpopulation. Der Teich wurde durch eine sogenannte Sömmerung schlammreduziert und ist nun wieder für die Tiere in einem artgerechten Zustand.

Zur Förderung des Verständnisses für die Besonderheit dieses Ortes wurde zudem eine „Molchhütte“ als Informationspunkt eingerichtet, wurden Führungen und Wanderungen für Schulklassen sowie Vorträge zu Amphibien und deren Lebenswelt organisiert.
Auf EU-Ebene konnten vier ENL-Projekte betreut werden. Hier sollen besonders die Maßnahmen zum Kranichschutz genannt werden. Schwer zu überhören, fliegen jährlich zehntausende dieser beeindruckenden Zugvögel in ihre Winterquartiere nach Süden. Auf diesem langen und kräftezehrenden Weg brauchen sie Pausen, Rastplätze und genügend Nahrung, um sich zu erholen.

Dafür bietet die Talsperre Helmestausee/Kelbra ein ideales Refugium. Allerdings muss auch hier den menschlichen Einflüssen ein wenig entgegengesetzt werden. So wurden von Rangern überwachte Schutzzonen sowie Ablenkfütterungen etabliert. Dort konnten die Tiere ungestört den zu diesem Zweck ausgebrachten Weizen fressen, was von Ornithologen, Landschaftspflegern und auch Touristen im Rahmen der Besucherlenkung interessiert verfolgt wurde.

Durch die Ablenkfütterung wird versucht, die Fraßschäden auf den umliegenden landwirtschaftlichen Flächen gering zu halten. Weiterhin musste eine Einigung für ein zeitliches Ablassen der Talsperre gefunden werden, da die Tiere nur bei einer geeigneten Wasserhöhe Sicherheit vor Raubtieren und Gefahren und damit ihre notwendige Ruhe finden können. Dafür gab es auch länderübergreifend einigen Koordinationsbedarf, womit wir bereits bei den Bundesprojekten wären.

Der besondere Stolz des Verbandes ist das Bundes-Projekt „Gipskarst Südharz - Artenvielfalt erhalten und erleben“. Derzeit läuft die Planung zweier neuer Wanderwege (sogen. Hotspotpfade) durch die Gipskarstlandschaft des Südharzes. Dort werden thematisch einzigartige Wanderpfade konzipiert und die angrenzenden Naturhabitate entsprechend gepflegt bzw. nachhaltigen Nutzungen zugeführt. Der exemplarische Hotspotpfad 1 befindet sich nördlich von Niedersachswerfen und zielt mit dem selbsterklärenden Namen „Feuersalamanderpfad“ auf die große Population dieses markanten Schwanzlurches ab.

Auf den knapp 5 km Strecke, welche durch die Gemeinde Harztor geplant wird, entsteht ein Weg mit entsprechender Beschilderung und Infotafeln. Mit entsprechender Bewerbung vor Ort und im Umland soll somit der sanfte Tourismus im Einklang von Mensch und Natur gefördert werden.

Diese und viele weitere Maßnahmen wird der LPV der Öffentlichkeit Mitte dieses Jahres vorstellen. Anlass dafür ist das 10-jährige Jubiläum des Vereins, zu welchem stolz auf viele erfolgreiche Projekte zurückgeblickt werden kann. Entsprechende Informationen können Interessenten ab Mai der Zeitung entnehmen oder auf der Internetseite www.lpv-shkyf.de nachlesen. Die immer neuen Herausforderungen für den Naturschutz behalten wir ebenfalls weiter im Fokus. Es werden im kommenden Jahr viele bereits bestehende Projekt weitergeführt und zahlreiche neue Maßnahmen innerhalb der Projekte geplant.

Dazu zählen z.B. die Ausweitung des Bienen- und Insektenschutzes, die Pflanzung neuer Nistbäume für den gefährdeten Rotmilan, die Revitalisierung ungenutzter Kleingartenanlagen, die Pflege alter Streuobstplantagen oder historischer Obstbaumalleen, die Anlage von Blühwiesen sowie eines Biotopkomplexes und Landhabitats für Amphibien, die fledermausfreundliche Gestaltung diverser Gebäude, die Sicherung der Feldhamsterhabitate und viele, viele mehr. Damit sollen unter anderem Baumhummel, Berghexe, Dorngrasmücke, Heckenbraunelle, Hirschkäfer, Scheckenfalter, Schwarze Holzbiene und Wendehals geschützt werden.

Genau wie der Mensch die Natur braucht, braucht auch jedes Tier und jede Pflanze hin und wieder etwas Hilfe vom Menschen - eine schöne Vorstellung - Mensch und Natur bilden gemeinsam eine Symbiose im „Grünen Herz“ Deutschlands!
Landschaftspflegeverband Südharz Kyffhäuser
Autor: red

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