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Lehfeldt, Baerbock und der Aufschrei

Sonnabend, 04. Februar 2023, 15:54 Uhr
Franca Lehfeldt ist Fernsehjournalistin. Ihr Fachgebiet bei Welt: Politik. In einer Nachrichtensendung verkündete sie: Vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Das war ein übler Versprecher, ordneten ihn Zuschauer ein, beließen es damit. Andere sahen in dem über ihre Lippen gerutschten Wort „Fraktion“ einen willkommenen Anlass, über Lehfeldt in den sozialen Netzwerken herzufallen...


Zudem ist sie die Frau von Finanzministers Christian Linder, was manchen Schreiber in seiner unfreundlichen Wortwahl noch befeuerte. Das Ehepaar war gut beraten, nicht alles zu lesen, was da niederprasselte. Womöglich hatte Franca nur abgelesen, was die Redaktion ihr vorgelegt hatte.

Lehfeldts Versprecher aber war nur ein Peanuts gegenüber diesem Satz: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“. Annalena Baerbock, die Außenministerin, hatte womöglich nicht die Zeit oder die Geduld, sich intensiv mit dem zu beschäftigten, was in Netzwerken und Briefen an Redaktionen nach dieser Äußerung vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über sie zu lesen war.

Ohne Zweifel: Diplomatisch klug war dieser Satz nicht. In der Politik ist Euphorie kein guter Berater. So hätte der Satz öffentlich nie gesagt werden dürfen. Aber steckt hinter der Aussage nicht doch die ehrliche Analyse der Realität? Wird sie letztlich nicht für diese Realität, die doch der Wahrheit sehr nahe kommt, heftig angegriffen und mit Attributen bedacht, die mitunter schon unterhalb der Gürtellinie angesiedelt waren?

Dieser Tage feierte Russland den 80. Jahrestag des Sieges über Hitlerdeutschland. Stalingrad stieg wie Phönix aus der Asche. Würdevoll enthüllte man eine Stalin-Büste. Der Mythos dieses Mannes wurde bemüht. Nicht als Massenmörder und Monster, wie ihn neben Chruschtschow auch andere namhafte russische Politiker sehen, vielmehr als Held, der sein Volk zum Sieg gegen den deutschen Faschismus führte.

Wladimir Putin hielt eine zündende Rede vor großem Bahnhof. Wie damals kämpfe man auch heute wider gegen deutsche Panzer und gegen Hitlers Helfer. Der Krieg gegen die Ukraine ist nach Putins Worten kein Überfall, sondern ein Kampf gegen Nazis. Nach seiner Lesart sei die Ukraine auch kein souveräner Staat, vielmehr Teil Russlands. Der Staatschef ließ, unter frenetischem Beifall, keinen Zweifel daran, wer der Sieger in diesem Krieg sein werde.

Comeback für Diktator Stalin. Diese Auferstehung erlangt nach meiner Meinung im Ukraine-Krieg Symbolik: Nach einem starken Mann, der, koste es was es wolle, sein Volk im Kampf gegen den Feind erfolgreich führt. In dieser Rolle sieht sich Putin. Ein Alleinherrscher, der keine anderen Götter neben sich noch andere Meinungen duldet. Ganz in seinem Sinn die ausgelobten Prämien: Umgerechnet 66000 Euro für den ersten erbeuteten oder zerstörten Leopard. Für jeden weiteren viel Geld.

Wie man die Ukraine-Geschichte auch immer sehen und beurteilen mag, es war ein durch nichts zu rechtfertigender Überfall Russlands auf die Ukraine. Das 1990 von Gorbatschow unterschriebene Selbstbestimmungsrecht der Völker interessiert den Mann im Kreml nicht. Für Deutschland ergibt sich die Frage: Müssen und sollen wir die Ukraine weiter unterstützen?

Der Ukraine-Krieg kostet Deutschland Geld. Enorme Summen fallen an. Nach Berechnungen des Instituts der Wirtschaft im laufenden Jahr um die 175 Milliarden Euro. 2000 Euro im Jahr Wertverlust pro Person. Offiziell: Der Preis der Freiheit. Und der Krieg geht weiter. Mit ihm Forderungen nach noch mehr Waffen. Fakt ist: Ohne diese Hilfe kann die Ukraine dem russischen Machthaber weder personell noch waffentechnisch Paroli bieten.

Nur Verhandlungen bringen eine Lösung. Lieber hundert Mal in Moskau und Kiew anrufen als Eskalation, schrieben Kommentatoren. Ein Wunschtraum, solange beide Seiten Bedingungen für Verhandlungen stellen: Die Ukraine will erst nach dem Abzug aller russischen Truppen von den annektierten Gebieten verhandeln. Russland aber erklärte diese eroberten Territorien zum russischen Staatsgebiet, ist nur dann gesprächsbereit, wenn daran auch nicht gerüttelt werde.

Verhärtete Fronten und ein Krieg ohne Ende? Der noch viele Opfer, Waffen und Geld kosten wird. So gesehen, relativiere ich die Aussage der Annalena Baerbock. Indirekt, das pfeifen die Spatzen schon von den Dächern, ist Deutschland lange schon am Krieg beteiligt. Neben Kampfpanzern vielleicht schon bald auch mit Kampfjets? Oder aktiven Kämpfern? Bei objektiver Betrachtung der Dinge hat die Außenministerin Schimpfkanonaden übler Art, die mancher „Kommentator“ gegen sie abfeuerte, nicht verdient.

Der russische Machthaber prahlt mit mächtigen Raketen, die derzeit kein anderes Land habe, drohte erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen, lässt kein gutes Haar an Deutschland. So ist hierzulande schon zu vernehmen: Hände weg! Was geht uns die Ukraine an? Die Antwort auf diese Frage und die Entscheidung, auf wessen Seite man stehen sollte, bleibt jedem selbst überlassen.
Kurt Frank
Autor: psg

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