eic kyf msh nnz uhz tv nt
Sa, 14:33 Uhr
26.01.2019
Madmoiselle Aschenputtel feiert Premiere

Am Anfang war der Schuh

Mit "Cendrillon" fand gestern Abend ein weiterer Klassiker der Märchentradition den Weg auf die Nordhäuser Bühne. Die Oper um das Aschenbrödel, ihren Prinzen und den verlorenen Schuh verbindet Tradition, Historie und Moderne mit einem ordentlichen Griff in die Farbpalette. Eine freche Inszenierung, die ihren Ursprung aber nie aus den Augen verliert...

Mit "Cendrillon" feierte gestern das Aschenputtel seine Opernpremiere auf der Nordhäuser Bühne (Foto: Marco Kneise) Mit "Cendrillon" feierte gestern das Aschenputtel seine Opernpremiere auf der Nordhäuser Bühne (Foto: Marco Kneise)

Das Märchen vom Aschenbrödel erfreute sich in Variationen zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturen großer Beliebtheit. Hierzulande dürfte jedes Kind die Geschichte kennen, sei es nun in der Grimm'schen Tradition oder in ihren Darstellungen in Film und Fernsehen.

Anzeige symplr
Davon abgesehen das man mit "Cendrillon" der französischen Erzählung folgt und dem Aschenputtel einen Namen gibt, bekommt man im Kern genau das auch auf der Nordhäuser Bühne zu sehen. Lucette (Zinzi Frohwein) fristet im väterlichen Haushalt ein Dasein im Schatten ihrer Stiefmutter (Anja Daniela Wagner) und deren Töchter (Carolin Schuhmann und Jolana Slavikova). Die gute Fee (Amelie Petrich) eilt zu Hilfe, gewährt dem Mädchen seine Wünsche und der junge Prinz (Kyounghan Seo) verfällt der Schönheit im weißen Glitzergewand. Doch zum zwölften Schlag der Mitternacht verfliegt der Zauber. War alles nur ein Traum? Natürlich nicht, wie im Märchen heißt es auch auf der Bühne "Ende gut, alles gut."

Zinzi Frohwein (Cendrillon) (Foto: Marco Kneise) Zinzi Frohwein (Cendrillon) (Foto: Marco Kneise)

Hinter der Inszenierung von Anette Leistenschneider verbirgt sich derweil mehr als die reine Märchenerzählung. Die historischen Einflüsse, die der Genese des Stoffes eingegeben sind schlagen sich verschiedentlich in seiner Interpretation wieder und es darf vermutet werden das die Theatermacher ihren Spaß damit hatten. Anders als das Grimm'sche Aschenputtel ist "Cendrillon" kein Volks- sondern ein barockes Kunstmärchen aus der Feder des Franzosen Charles Perrault, der am Hof des Sonnenkönigs Ludwigs XIV für Unterhaltung sorgte. Auf der Bühne folgt man wiederrum der Opernfassung von Jules Massenet, der seine "Cendrillon" 1899 in Paris uraufführte. Für mehr Details sei der Blick in das Begleitheft empfohlen, Chefdramaturgin Anja Eisner taucht hier tief in Rezeption und Geschichte der Oper und ihrer Hintergründe ein.

v. li. Kyounghan Seo (Le Prince Charmant), Rastislav Lalinský (Zeremonienmeister), Marian Kalus (Le Doyen) (Foto: Marco Kneise) v. li. Kyounghan Seo (Le Prince Charmant), Rastislav Lalinský (Zeremonienmeister), Marian Kalus (Le Doyen) (Foto: Marco Kneise)

All das findet in "Cendrillon" seinen Widerhall. Selbstverständlich in der musikalischen Umsetzung unter der Leitung von Michael Helmrath, aber auch in der teilweise barocken Kostümierung oder der Absurdität des höfischen Protokolls. Hinzugegeben wird ein saftiger Spritzer Moderne ohne dabei in poststrukturale Neuinterpretationsorgien zu verfallen.

Bühnenbild, Perücken und Kostüme sind farbenfroh überzeichnet und beeindruckend, manches Design wäre in einem Terry Gilliam Film nicht fehl am Platze. Das Heim der Familie Lucettes ist eine Schuhfabrik, der Herr Prinz lebt seine Melancholie im royalen Einteiler auf dem Kinderroller aus und die glitzernde Fee schwebt auf Rollschuhen im Kaubonbon-Neon-Look über die Bühne. Bei aller Buntheit verzichtet die Oper nicht auf einige dunklere Momente der Geschichte, etwa wenn Lucette den verbalem Gift ihrer Stiefgeschwister Glauben schenkt, die Hoffnung auf ein "Happy End" verliert und den Weg in den Freitod gehen will.

Gesungen wird im übrigen auf Deutsch, der Blick fällt da seltener auf die begleitenden Textzeilen hoch über den Köpfen der Sängerinnen und Sänger, die aber eine nützliche Dreingabe für Neulinge der Opernkunst bleiben. Stattdessen kann man sich stärker auf das Zusammenspiel von Bühnengeschehen und Musik konzentrieren und die sind ein Fest.
Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare

Bisher gibt es keine Kommentare.

Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr