Fr, 11:40 Uhr
30.08.2019
Wegweisendes Urteil zu Verbraucherplattform "Topf Secret":
Signalwirkung für hunderte Gerichtsverfahren
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Anspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) in einem gestrigen Grundsatzurteil gestärkt. Ein Unternehmen der Wiesenhof-Gruppe hatte gegen die Herausgabe von Informationen über sogenannte Abweichungen von Lebensmittelgesetzen geklagt und ist in allen Instanzen gescheitert...
Nach Auffassung des Geflügelproduzenten müssten in Zeiten von sozialen Medien und "Topf Secret" für Anfragen einzelner Verbraucherinnen und Verbraucher nach dem VIG die gleichen strengen Voraussetzungen gelten, die das Bundesverfassungsgericht für Behörden aufgestellt hat, wenn diese von sich aus über Rechtsverstöße von Lebensmittelbetrieben informieren. Dies hätte weitreichende Einschränkungen des VIG zur Folge gehabt.
Die Leipziger Richterinnen und Richter sind den Wiesenhof-Argumenten nicht gefolgt - und haben keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Informationsanspruch nach dem VIG geäußert. Mit ihrer Entscheidung bestätigten sie die Urteile der Vorinstanzen.
Laut der Verbraucherorganisation foodwatch ist das Urteil wegweisend für hunderte laufende Gerichtsverfahren wegen "Topf Secret". Auf der Internetplattform können Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Behörden die Hygiene-Berichte von Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben abfragen und im Anschluss veröffentlichen. In den Gerichtsverfahren bringen die Unternehmen die gleichen Argumente vor wie Wiesenhof im vorliegenden Fall.
"Nun ist es höchstrichterlich: Auch in Zeiten von sozialen Medien und 'Topf Secret‘ haben Bürgerinnen und Bürger das Recht zu erfahren, wie es um die Hygiene beim Lieblingsrestaurant oder der Bäckerei um die Ecke bestellt ist", erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch. "Das Urteil nimmt den vielen Klagen gegen Topf Secret den Wind aus den Segeln. Die wichtigsten Argumente gegen die tausenden Bürgeranfragen hat das Bundesverwaltungsgericht abgeschmettert."
Die auf "Topf Secret" gestellten Anfragen beziehen sich auf die gleiche Rechtsgrundlage aus dem Verbraucherinformationsgesetz wie der vorliegende Wiesenhof-Fall. Seit Januar wurden etwa 37.000 solcher VIG-Anfragen über Topf Secret verschickt, weit mehr als je zuvor. Der Großteil der etwa 400 in Deutschland zuständigen Behörden gewährt den Bürgerinnen und Bürgern die beantragten Informationen. Allerdings wehren sich hunderte Lebensmittelbetriebe gerichtlich gegen die Herausgabe der Kontrollergebnisse.
Das Bundesverwaltungsgericht widerlegte die von den klagenden Unternehmen vorgebrachten Argumente. Die Betriebe halten VIG-Anträge für "rechtsmissbräuchlich", weil die Verbraucherinnen und Verbraucher die erhaltenen Informationen veröffentlichen würden. Der vorsitzende Richter betonte jedoch in der Verhandlung: "Auch wenn man die Information, die man bekommt, nutzt, um sie an Organisationen weiter zu geben, dann ist das kein Rechtsmissbrauch." Es sei das, was der Gesetzgeber mitgedacht und "sogar gewollt" habe.
Auch dem Argument, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stünden einer Information nach dem Verbraucherinformationsgesetz entgegen, folgte das Gericht nicht. Ebenso entschieden verneinten die Richterinnen und Richter, dass das Verbraucherinformationsgesetz auf "produktbezogene Informationen" beschränkt sei.
Mittlerweile laufen hunderte Verfahren bei deutschen Verwaltungsgerichten. Bisher haben zwei Gerichte im sogenannten Hauptsacheverfahren ein Urteil gefällt: Das VG Augsburg hat Klagen zweier Lebensmittelbetriebe abgewiesen. Das VG Ansbach entschied hingegen zugunsten eines Hotelbetriebs, der die Herausgabe der Informationen verhindern wollte. Sieben weitere Verwaltungsgerichte haben den Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger schon im sogenannten Eilverfahren bestätigt - und folgen somit der Auffassung des VG Augsburg. In zahlreichen weiteren Verfahren stehen die Entscheidungen noch aus, oft wurde den Betrieben jedoch vorläufig Rechtsschutz gewährt.
Aktuell sind mindestens fünf der Topf-Secret-Verfahren bei Oberverwaltungsgerichten anhängig. Das Thüringische Oberverwaltungsgericht hatte auf das zu erwartende Urteil des Bundesverwaltungsgericht im Fall Wiesenhof verwiesen und angekündigt, "das Ergebnis dieser Verhandlung im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen".
Autor: redNach Auffassung des Geflügelproduzenten müssten in Zeiten von sozialen Medien und "Topf Secret" für Anfragen einzelner Verbraucherinnen und Verbraucher nach dem VIG die gleichen strengen Voraussetzungen gelten, die das Bundesverfassungsgericht für Behörden aufgestellt hat, wenn diese von sich aus über Rechtsverstöße von Lebensmittelbetrieben informieren. Dies hätte weitreichende Einschränkungen des VIG zur Folge gehabt.
Die Leipziger Richterinnen und Richter sind den Wiesenhof-Argumenten nicht gefolgt - und haben keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Informationsanspruch nach dem VIG geäußert. Mit ihrer Entscheidung bestätigten sie die Urteile der Vorinstanzen.
Laut der Verbraucherorganisation foodwatch ist das Urteil wegweisend für hunderte laufende Gerichtsverfahren wegen "Topf Secret". Auf der Internetplattform können Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Behörden die Hygiene-Berichte von Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben abfragen und im Anschluss veröffentlichen. In den Gerichtsverfahren bringen die Unternehmen die gleichen Argumente vor wie Wiesenhof im vorliegenden Fall.
"Nun ist es höchstrichterlich: Auch in Zeiten von sozialen Medien und 'Topf Secret‘ haben Bürgerinnen und Bürger das Recht zu erfahren, wie es um die Hygiene beim Lieblingsrestaurant oder der Bäckerei um die Ecke bestellt ist", erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch. "Das Urteil nimmt den vielen Klagen gegen Topf Secret den Wind aus den Segeln. Die wichtigsten Argumente gegen die tausenden Bürgeranfragen hat das Bundesverwaltungsgericht abgeschmettert."
Die auf "Topf Secret" gestellten Anfragen beziehen sich auf die gleiche Rechtsgrundlage aus dem Verbraucherinformationsgesetz wie der vorliegende Wiesenhof-Fall. Seit Januar wurden etwa 37.000 solcher VIG-Anfragen über Topf Secret verschickt, weit mehr als je zuvor. Der Großteil der etwa 400 in Deutschland zuständigen Behörden gewährt den Bürgerinnen und Bürgern die beantragten Informationen. Allerdings wehren sich hunderte Lebensmittelbetriebe gerichtlich gegen die Herausgabe der Kontrollergebnisse.
Das Bundesverwaltungsgericht widerlegte die von den klagenden Unternehmen vorgebrachten Argumente. Die Betriebe halten VIG-Anträge für "rechtsmissbräuchlich", weil die Verbraucherinnen und Verbraucher die erhaltenen Informationen veröffentlichen würden. Der vorsitzende Richter betonte jedoch in der Verhandlung: "Auch wenn man die Information, die man bekommt, nutzt, um sie an Organisationen weiter zu geben, dann ist das kein Rechtsmissbrauch." Es sei das, was der Gesetzgeber mitgedacht und "sogar gewollt" habe.
Auch dem Argument, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stünden einer Information nach dem Verbraucherinformationsgesetz entgegen, folgte das Gericht nicht. Ebenso entschieden verneinten die Richterinnen und Richter, dass das Verbraucherinformationsgesetz auf "produktbezogene Informationen" beschränkt sei.
Mittlerweile laufen hunderte Verfahren bei deutschen Verwaltungsgerichten. Bisher haben zwei Gerichte im sogenannten Hauptsacheverfahren ein Urteil gefällt: Das VG Augsburg hat Klagen zweier Lebensmittelbetriebe abgewiesen. Das VG Ansbach entschied hingegen zugunsten eines Hotelbetriebs, der die Herausgabe der Informationen verhindern wollte. Sieben weitere Verwaltungsgerichte haben den Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger schon im sogenannten Eilverfahren bestätigt - und folgen somit der Auffassung des VG Augsburg. In zahlreichen weiteren Verfahren stehen die Entscheidungen noch aus, oft wurde den Betrieben jedoch vorläufig Rechtsschutz gewährt.
Aktuell sind mindestens fünf der Topf-Secret-Verfahren bei Oberverwaltungsgerichten anhängig. Das Thüringische Oberverwaltungsgericht hatte auf das zu erwartende Urteil des Bundesverwaltungsgericht im Fall Wiesenhof verwiesen und angekündigt, "das Ergebnis dieser Verhandlung im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen".
Kommentare
Bisher gibt es keine Kommentare.
Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.