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Do, 10:28 Uhr
14.05.2020
Handwerkskammer Erfurt

Azubis von Insolvenz der Betriebe bedroht

Für Khidir Salam Darman hätte die Corona-Krise das Aus bedeuten können. Weil sein Ausbildungsbetrieb in Wandersleben dauerhaft schließen musste, wurde ihm zum Ende des Monats gekündigt. Die Ausbildung zum Friseur abzubrechen, kam für den Iraker aber nicht in Frage...


Gemeinsam mit seiner ehemaligen Chefin, die ihm weiterhin als Mentorin zur Seite steht, suchte er sich einen neuen Ausbildungsbetrieb – und wurde im Friseursalon „La Biosthetique“ in Gotha fündig. Inhaberin Angelika Kling freut sich über den Neuzugang: „Ich suche schon länger nach jungen Menschen, die mich unterstützen. Und ich habe bereits seit elf Jahren einen jungen Iraker im Team, gute Erfahrungen gemacht und selbst viel dazu gelernt.“

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Auch Khidir Salam Darman ist froh, einen neuen Lehrbetrieb gefunden zu haben und seine Lehre fortsetzen zu können. Friseur ist sein Traumberuf. „Ich möchte Erfahrungen sammeln und später vielleicht selbstständig sein“, sagt der 23-Jährige über seine berufliche Zukunft. Dass er ein Händchen hat für den Umgang mit Schere und Co. hat er erst vor wenigen Monaten bewiesen. In der Kategorie „Herrenstyling“ räumte er den ersten Platz der Mitteldeutschen und Deutschen Meisterschaft der Lehrlinge ab, die im November auf der Messe Erfurt stattfanden.

Suche nach neuem Lehrbetrieb
Wie Khidir Salam Darman sind derzeit gut ein Dutzend Auszubildende in Nord- und Mittelthüringen von einer durch die Corona-Krise verursachten dauerhaften Schließung der Betriebe bzw. einer Insolvenz betroffen. Die Fälle liegen hauptsächlich in der Friseur- und Kfz-Branche, die über mehrere Wochen unter einer vom Bund und Land Thüringen angeordneten Zwangspause litten. „Kein Betrieb gibt sein Geschäft freiwillig auf und meldet Insolvenz an, kein Betrieb kündigt einem Auszubildenden leichtfertig“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt, Thomas Malcherek.

Die Bildungsberater der Organisation stehen den Auszubildenden zur Seite und unterstützen sie bei der Suche nach einem neuen Lehrbetrieb. Dabei kommt unter anderem die Lehrstellenbörse der Kammer zum Einsatz, in der aktuell über 125 freie Ausbildungsstellen gelistet sind. Neben der direkten Hilfe für die zukünftigen Gesellen verliert die Handwerkskammer Erfurt aber auch die Ausbildungsbetriebe nicht aus dem Blick. Die Unternehmen seien eine wichtige Stellschraube im System der dualen Ausbildung und sich ihrer großen Verantwortung in der Ausbildung junger Menschen bewusst, gerade mit Blick auf die Altersstruktur in vielen Betrieben. „Sie wissen, dass die Auszubildenden die künftigen Fachkräfte sind und perspektivisch sogar die Zukunft des Betriebs sichern. Diejenigen, die den Betrieb und seine Besonderheiten vom ersten Tag ihrer Lehre kennengelernt haben, sind die beste Voraussetzung dafür“, betont Thomas Malcherek.

Ausbildungszuschuss des Ministeriums
Die Corona-Krise treffe gerade die Ausbildungsbetriebe besonders hart. Trotz angeordneter Schließung oder Teilschließung sind sie verpflichtet, ihren Lehrlingen die volle Vergütung für sechs Wochen weiterzuzahlen. Die Kurzarbeiterregelungen der Bundesagentur für Arbeit greifen für Auszubildende nicht. Ein Zuschuss des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft soll diesen Nachteil nun ausgleichen und in letzter Konsequenz verhindern, dass Ausbildungsverträge nicht fortgesetzt werden können und Auszubildene gekündigt werden. Betriebe können demnach 80 Prozent der Ausbildungsvergütung sowie 20 Prozent der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge erstattet bekommen, die sie an nach Schließung an ihre Lehrlinge gezahlt haben.

Aktuell kontaktiert die Handwerkskammer Erfurt alle Betriebe, für die ein solcher Antrag in Frage kommt. Antragsberechtigt sind die Gewerke, die von angeordneten Betriebsschließungen bzw. Betriebsteilschließungen betroffen waren bzw. sind. In Nord- und Mittelthüringen sind das insgesamt 156 Ausbildungsbetriebe. Die betroffenen 233 Lehrlinge im Kammerbezirk sind Friseure (119), Automobilkaufleute (61), Konditoren (39), Maßschneider (5) sowie Fotografen, Goldschmiede und Kosmetiker (je 3). Nach Ausfüllen der Papiere wird dieser von der Kammer geprüft und der Zuschuss gewährt oder abgelehnt.

Insgesamt steht die Handwerkskammer Erfurt dafür ein, Ausbildungsbetriebe zu stärken, um das duale Ausbildungssystem auch zukünftig auf sichere Beine zu stellen. „Der Betrieb als Lernort lässt sich in keinem Fall ersetzen. Hier lernen die Auszubildenden nicht nur, wie sie ihre jeweiligen Aufgaben zur Zufriedenheit der Kunden meistern, sondern auch, wie sie verantwortungsvoll im Team arbeiten“, begründet Malcherek. Aktuelle Umfrageergebnisse beunruhigen ihn.

Während insgesamt 45 Prozent der befragten Betriebe angibt, für das im Herbst startende Ausbildungsjahr genauso viele Auszubildende (38 Prozent) oder sogar mehr Auszubildende (5 Prozent) einstellen zu wollen, beabsichtigt jeder vierte Betrieb (25 Prozent), sein Engagement in der Ausbildung zu reduzieren. „Für das Handwerk in Nord- und Mittelthüringen wäre dieser Rückgang fatal, weil er die Fachkräfteproblematik weiter verschärfen würde. Die Sicherung des Fachkräftenachwuchses darf durch die Krise keinen Schaden nehmen“, betont der Hauptgeschäftsführer.
Autor: nnz

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