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Di, 00:26 Uhr
06.11.2012

Sebastian Hackel im Panorama Museum

Am Abend des 2. November gastierte in der Eingangshalle des Panorama Museums der junge Dresdener Liedermacher, Sänger und Gitarrist Sebastian Hackel. Wie sein Konzert angekommen ist, hat Fred Böhme vom Panorama verfolgt.

Der 23jährige bestritt hier das 7. Konzert seiner überhaupt ersten Tournee durch Deutschland. Die Lieder seiner Debüt-CD "Kreideblumen" präsentierte er somit erstmals live einer breiteren Öffentlichkeit. Er erzählte, dass er dabei ein ziemlich unterschiedliches Publikum erlebt hatte. Mal waren es junge Gymnasiasten, die von ihren Eltern zu seinen Konzerten kutschiert wurden oder eben auch mal "reifere Jugend" und Junggebliebene wie im Panorama Museum. Das überraschte ihn zumindest, denn in seinen Liedern verarbeitet er vor allem sehr persönliche Erfahrungen und was kann er als 23jähriger diesen Menschen, die seiner Elterngeneration angehören, schon mitteilen?

Das Publikum mag sich hingegen vorab gefragt haben, welche Geschichten will uns ein aufstrebender Liedermacher aus Dresden erzählen? Interessiert ihn die gegenwärtige Situation dieses Landes, das Politische oder die soziale Misere in manchen Gegenden Ostdeutschlands? Das letzteres (noch) nicht Gegenstand seiner Lieder war, wurde jedoch sehr schnell klar.

Sebastian Hackel im Panorama Museum (Foto: Fred Böhme) Sebastian Hackel im Panorama Museum (Foto: Fred Böhme)

Erst einmal erzählte er von seinem Stuhl, dessen Bezugsstoff zerfleddert den nicht weniger lädierten Schaumstoff freigab und wie ein Sperrmüllfundstück aussah, dass irrtümlicher Weise in Ermangelung eines vernünftigen Stuhls auf die Bühne geraten war. Das weckte Mitleid bei einigen Anwesenden und brachte dem Veranstalter kritische Blicke ein, dem nichts anderes übrig blieb, als darauf hinzuweisen, dass das der Wunschstuhl des Künstlers sei. Und der erzählte dann, dass es nicht überall einen Stuhl gebe, der zu ihm passe und er diese wackligen Barhocker nicht mag, die ihm sonst oft angeboten würden. Dieser Stuhl habe schon eine lange Geschichte, berichtete er, dass er ihn im Keller seiner ersten WG vor 3 Jahren gefunden habe und dass es ihn faszinierte, als er auf dessen Unterseite den Stempelaufdruck "Volkseigentum" entdeckte.

So entstehen überraschende Bindungen. Und das alles trägt er etwas unsicher vor und tastet sich vorsichtig an sein Publikum heran. Das Konzert begann er mit seinem Stück "Regencape und Klebeband", ein Lied über eine bröckelnde Liebesbeziehung, in der er Elbhochwasseranalogien zum Redeschwall der Partnerin herstellte: "Und du kippst dich wieder aus, überflutest die Welt mit deinen Sätzen. Merkst es nicht, doch das ganze Wasser hier reißt alles in Fetzen… Rette sich wer kann." Damit war der Grundton des Abends angestimmt: Überwiegend zerbrechlich-melancholisch intonierte er die Geschichten von Zweisamkeit und den Schwierigkeiten damit. Es waren immer wieder kleine Begebenheiten, Entdeckungen im Alltag, in der Natur, die eine Saite in ihm zum Klingen bringen und so zum Abbild seiner Stimmung werden, die hauptsächlich durch das Auf und Ab der Liebe bestimmt ist. Da war die Anekdote mit dem in der Straßenbahn losgemachten Pekinesen, der sein Frauchen umgehend verließ, um es sich auf seinem Schoß gemütlich zu machen oder die die Stimmung aufhellende Entdeckung, dass selbst in urbanen Ballungsräumen auf einmal Hasen auftauchen. "Gegenwind und Mond" lebte von interessanten Wortspielen. "Soweit", angekündigt als das traurigste Lied des Abends, begann mit den Zeilen: "Wieder bin ich ganz weit unten, wieder rennt die Welt an mir vorbei, wieder Salz in meinen Wunden und das Herz so schwer Blei".

Erstaunlich unbefangen bediente er sich aus dem Herz-Schmerz-Vokabular, doch mittels unverbrauchter poetischer Bilder, die mitunter etwas gewollt klangen, dennoch von seiner Suche nach einem eigenständigen lyrischen Ton zeugen, klangen seine Stücke letztlich unpeinlich und glaubhaft. Zwar ist es spürbar, dass hier ein noch recht junges Talent seinen Weg sucht und um sprachlichen Ausdruck ringt - im Gespräch betonte er, dass für ihn die Texte, die Botschaften im Vordergrund stehen -, trotzdem ist ihm Originalität nicht abzusprechen. Seine Lieder begleitete er ökonomisch reduziert auf der Gitarre und wenn ihm eine prägnante Melodie gelingt wie in "Warum sie lacht", dann haben sie durchaus Hit-Potential und hakeln sich ohrwurmgleich im Gedächtnis seiner Hörer fest. Rührend war dann auch, dass am Ende des zweiten Sets sein Live-Repertoire erschöpft war und er auf Wunsch des Publikums drei Stücke nochmals vortrug.

Fazit: Es war ein Abend, der durch die leisen und melancholischen Lieder eines hoffnungsvollen Nachwuchstalentes und dessen Unsicherheit und dem daraus erwachsenden besonderem Charme getragen wurde, der sicher mehr und vor allem auch ein jüngeres Publikum verdient hätte. Fred Böhme

Text und Foto: Fred Böhme Archiv Panorama Museum
Autor: khh

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