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So, 11:40 Uhr
01.11.2015
Kulturszene aktuell

Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals

Die neue Ausstellung im Panorama-Museum Bad Frankenhausen beschäftigt sich mit dem Thema Flüchtlinge. Auch wenn es in den Bildern um Bosnien 1995 geht, ist das Thema hoch aktuell. Vorab eine Einführung durch Gerd Lindner...

Die Sonderausstellung findet vom 7. November 2015 bis 21. Februar 2016 statt. Die Vernissage zur Ausstellung beginnt am Samstag, den 07.11.2015, um 16.00 Uhr. Zu diesem Termin wird der Künstler, Safet Zec, anwesend sein.

Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals (Foto: Panoramamuseum Bad Frankenhausen) Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals (Foto: Panoramamuseum Bad Frankenhausen)

Das Bild ist erschütternd, die Betroffenheit total! Ein Pulk von Flüchtlingen kommt frontal auf den Betrachter zu – mit Schubkarren, in denen Alte, Versehrte oder gar Tote liegen. Auch Kinder sind dabei, zu Fuß, einander haltend, oder auf dem Arm. Nichts haben diese Menschen zu retten vermocht als ihr Leben und das, was sie auf dem Leib tragen.

Doch so eindeutig die Situation und klar die Mitteilung, so diskret bleibt ihre Erscheinung. Eine Individualisierung des Schicksals wird verweigert zugunsten eines Höchstmaßes an emotionaler Kraft und Verallgemeinerung, die das Sinnbild zeitlos gültig macht. Selbst der Titel der Arbeit, entstanden 2001, gibt mit „Aufbruch“ (Departure) keine weitere Auskunft über den genauen zeitgeschichtlichen Bezug. Dass es sich um ein Ereignis von existenzieller Dimension handelt, ist indes offensichtlich.

Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals (Foto: Panoramamuseum Bad Frankenhausen) Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals (Foto: Panoramamuseum Bad Frankenhausen)

Dargestellt sind bosniakische Frauen, Alte und Kinder auf dem Weg aus der Hölle von Potocari auf sicheres Gebiet an jenem Tag vor 20 Jahren im Juli 1995, als das Massaker von Srebrenica an ihren Männern, Vätern und Söhnen begann. Mehr als 8000 Bosniaken fielen dem Genozid zum Opfer, eine unvorstellbare Bluttat, das schlimmste Kriegsverbrechen auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg.

Der Schöpfer dieser Hommage an die Opfer des Bosnienkrieges von 1992–95 wie aller menschenverachtenden Gewalt ist selbst Bosnier und von der Katastrophe des Krieges betroffen. Sein Name: Safet Zec, geboren 1943 in Rogatica, einer Kleinstadt in den Bergen unweit von Goražde, doch aufgewachsen in Sarajevo.

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Wie so viele seiner Landsleute sah sich auch Safet Zec im Mai 1992 zur Flucht vor dem Krieg veranlasst. Über Österreich und Slowenien kam er so nach Italien, wo er zunächst in Udine eine Bleibe und seit 1998 schließlich in Venedig eine neue Heimat fand. Alles bis dahin Geschaffene, sein Haus und sein Atelier in Sarajevo, seine Grafikwerkstatt in Pocitelj, vor allem aber sein gesamtes künstlerisches Werk hatte er zurücklassen müssen. Nichts war ihm geblieben außer seinem Leben, seiner Familie und seiner künstlerischen Fähigkeit, sich ein wahrhaftiges Bild zu machen von der Welt und dem Wesen des Menschen.


Der Weg ins Exil bedeutete für das Schaffen von Safet Zec zweifellos einen entscheidenden Einschnitt, eine Zäsur, die das gesamte künftige Werk grundlegend neu bestimmt. Dazu gehört nicht nur die klare Konzentration auf emblematische Einzelmotive, vorgetragen mit Frische, Intensität und Leidenschaft, wobei das Prinzip des Non finito zur Steigerung der Ausdruckskraft stark an Bedeutung gewinnt, sondern auch die prononcierte Hinwendung, ja Rückkehr, gar Neueinführung der menschlichen Figur. Unter dem Eindruck des Krieges, seiner unsagbaren Gräuel und Menschenverachtung, wendet sich der Künstler, der im Bosnienkrieg nicht nur Freunde und Kollegen, sondern auch einen Bruder und einen Schwager verlor, dem Bild des Menschen zu, den er als Opfer zeigt, voller Schmerz, Trauer und Mitgefühl, aber auch Ohnmacht angesichts der Übermacht des Leids und der Gewalt.

Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals (Foto: Panoramamuseum Bad Frankenhausen) Safet Zec – Sinnbilder des Schicksals (Foto: Panoramamuseum Bad Frankenhausen)

Die Ausstellung mit etwa 90 Arbeiten, die neben einigen Beispielen aus seiner Frühzeit überwiegend großformatige Werke aus seiner zweiten, „italienischen“ Schaffensperiode zeigt, ist die erste große Überblicksschau des Künstlers im deutschsprachigen Raum überhaupt.

Gerd Lindner
Kurator der Ausstellung

Bilder: Panoramamuseum Bad Frankenhausen
Autor: khh

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