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Fr, 07:00 Uhr
05.07.2019
Lichtblick

Geh' zu den Toten

„Geh zu den Toten“, sagte der Bauer. Und er brachte für diesen Satz entnervt seine gesamten Deutschkenntnisse auf. Seit einigen Minuten ging das Gespräch mit Händen und Füßen hin und her und beide wurden zunehmend verzweifelt, weil sie nicht in der Lage waren, sich dem jeweils anderen verständlich zu machen...


Bei 42 Grad Celsius, Wegstunden von den nächsten Städten entfernt, dehydriert und verzweifelt, klingt dieser Satz nicht übermäßig freundlich.

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„Verschwinde!“, war eine harmlosere Interpretation des Pilgers. Und so stapfte er wütend weiter und noch verzweifelter als zuvor. Tatsächlich aber hatte der Bauer rettendes, lebenswichtiges ausgesprochen und seine Worte werden von Pilger zu Pilger weitererzählt.

Wasser ist in diesen heißen Tagen auch in Deutschland ein kostbares Gut. Und für den ein oder anderen waren manche der heißeren letzten Tage sowieso nur im Freibad oder am See zu ertragen. Im Juli in der spanischen Meseta ist Wasser lebenswichtig.

Ungeschützt in der sengenden Sonne dehydrieren die Wanderer schnell, und häufig genug gehen auch die Vorräte bedeutend schneller zur Neige als geplant.

„Geh zu den Toten.“ Der Satz des Bauers hat mich auf meinem eigenen Pilgerweg mehrmals gerettet: Was es nämlich auf jedem spanischen (und französischen) Friedhof gibt, ist Trinkwasser. Anders als bei Dorfbrunnen ist das Wasser auf Friedhöfen grundsätzlich und immer Trinkwasser.

Seit ich mir das erste Wasser von einem Friedhof geholt habe, denke ich immer wieder einmal daran, wie unerwartet und so manches mal unbeholfen mir Lebenswichtiges gesagt wird. Wie häufig ich nicht hinhören kann, weil ich in meinen Gedanken, in meiner Hast oder Verzweiflung gefangen bin.

Und häufig genug brauche ich einen Übersetzer oder später übergroßes, leuchtendes ein „Trinkwasser“- Schild, um mich retten lassen zu können.
Sebastian Kropp
Autor: red

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