Fr, 09:38 Uhr
29.10.2010
Mit Erfolg fortgesetzt
In Ebeleben beginnt sich eine schöne Tradition zu entwickeln. Die Fortsetzung der Ebelebener Werkstattlesungen zog zahlreiche Besucher in ihren Bann. Dazu erreicht kn folgender Bericht aus Ebeleben...
Weit mehr als 100 Zuhörer waren zur 4.Ebelebener Werkstattlesung in den großen Saal der Mühlhäuser Werkstätten für Behinderte e.V. gekommen, um die gebürtige Mühlhäuserin Erika Riemann zu hören. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes stellte ihre beiden Bücher Die Schleife an Stalins Bart und Stalins Bart ist ab vor. Bürgermeister Uwe Vogt begrüßte die vielen erschienenen Zuhörer aller Altersgruppen.
Den weitesten Weg hatte der stellvertretende Bürgermeister der Partnergemeinde Mitwitz, Jürgen Kern, auf sich genommen. Er war mit seiner Gattin zu bislang allen Lesungen nach Ebeleben gekommen. Auch andere politische Amtsträger waren anwesend, so die Jugendamtsleiterin des Landratsamtes, Sabine Bräunicke, die Bürgermeisterin der Nachbarstadt Schlotheim, Margita Otto, oder der Ortsteilbürgermeister von Holzthaleben, Jörg Esser. Die Veranstaltung wurde in bewährter Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen organisiert. Die zuständige Referatsleiterin Beate Dittmar war selbst nach Ebeleben gekommen, um die Lesung zu hören.
Der Maler Paul Leinemann aus Thalebra hatte wieder interessante Werke ausgestellt. Neben regionalen Themen waren insbesondere die zur Lesung passenden Werke Angst und Wiedervereinigung zu bestaunen. In bewährter Form sorgte das Team der Mühlhäuser Werkstätten unter Leitung von Dieter Lamczyk für eine ansprechende Gastronomie, und die Töpferei gewährte einen Einblick in die angefertigten Arbeiten der Klienten. Schließlich bot die Bücherstube Neumann aus Niederspier die Werke von Frau Riemann zum Kauf an.
Wie immer gab Claudia Vogt eine Einstimmung zur Werkstattlesung und baute die entsprechende Spannung für die Zuhörer auf. Man sei in Ebeleben besonders stolz, eine so bekannte Autorin verpflichtet zu haben, die ihre Wurzeln in Nordthüringen hat. Man könne dankbar sein, über Frau Riemanns Schicksal näheres zu erfahren, das vor über sechs Jahrzehnten in Mühlhausen seinen Lauf nahm. Schließlich gibt es nicht mehr viele Zeitzeugen, die aus dieser Zeit aus eigenem Erleben berichten können.
Von der Qualität der Lesung zeugt der Umstand, dass während der über einstündigen Lesung absolute Stille im Saal herrschte und oft das Mitgefühl und die Betroffenheit für das Erlebte im Leben der Autorin spürbar war.
Im Sommer 1945 ist Mühlhausen ist seit kurzem von der Roten Armee besetzt. Erika Riemann (damals Grabe), ein fünfzehnjähriges, lebenslustiges Mädchen, arbeitet als Lehrling in einem Friseurladen. Kein guter Start ins Berufsleben, wie sie findet, denn sie möchte doch lieber Akrobatin werden. Als sich eines Tages eine sowjetische Offizierin im Salon einfindet, kommt es zur Brüskierung. Erika will der Frau die Haare nicht waschen, da diese total verlaust sind. So wird die Majorin aus dem Salon geschickt. Frau Riemann, die sich selbst als aufmüpfig bezeichnet, begeht wenige Tage später einen fatalen Fehler, indem sie ein Stalinplakat verschönert", indem sie es mit einer Schleife an seinem Bart versieht, aufgemalt mit einem roten Lippenstift. Es dauert nur wenige Tage, bis zwei uniformierte Männer erscheinen, um das Mädchen abholen. Sie kommt ins Gefängnis nach Ludwigslust und wird vielen Repressalien ausgesetzt, bei deren Schilderungen den Zuhörern der Atem stockte. Schließlich wird sie für Wehrwolftätigkeit zu zehn Jahre Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt, die letztendlich in ostdeutschen Gefängnissen abgesessen werden müssen und nach acht qualvollen Jahren zu Ende sind.
Nachdem Erika Riemann ihr Buch geschrieben hatte und in vielen Veranstaltungen (u.a. auch im Fernsehen bei RTL) von ihrem Schicksal berichtet hatte, war sie der Meinung, ihre Arbeit getan zu haben. Jedoch war das Echo auf ihr erstes Buch so überwältigend, dass sie ein zweites Buch schrieb, wo sie über ihre Erfahrungen nach Veröffentlichung des ersten Bandes berichtet. Sie schreibt darin u.a. von einer Vorlesung in der Universität Petropawlowsk/ Kamschatka. Sie liest also in Russland, dem Land, wo auch die Verantwortlichen für ihren achtjährigen Leidensweg herkamen. Deutlich sagt die Autorin, dass sie nichts von Gleichmacherei hält und nicht alle Russen hasst. Zeitweise nahm sie sogar einen Russen als Untermieter in ihre Hamburger Wohnung auf. Bei ihren zahlreichen Auftritten kam es immer wieder zu interessanten Nachfragen, die es einfach Wert waren, festgehalten zu werden.
Nach der emotional beeindruckenden Lesung signierte die Autorin ihre Werke, bevor es in eine interessante Diskussion ging. Hier schilderte sie u.a., wie schwer es selbst war, den eigenen Kindern gegenüber von ihrem Schicksal in der Jugendzeit zu berichten. Im Rahmen von Opferverbänden trifft sich Frau Riemann noch heute mit Gleichgesinnten, um die schwierige persönliche Vergangenheit aufzuarbeiten.
Nun muss sich Frau Riemann, fast 80- jährig, einer Herzoperation unterziehen und somit war Ebeleben erst einmal eine der letzten Stationen ihrer Buchlesungen. Bürgermeister Vogt wünschte der Autorin für den medizinischen Eingriff im Namen der Anwesenden alles Gute und hofft, dass sie danach wieder ein breites Publikum über ihr Schicksal in Form von Lesungen aufklären kann. Mit einem lang anhaltenden Beifall wurde Frau Riemann für diesen emotionalen Höhepunkt im Ebelebener Kulturleben gedankt.
Autor: khhWeit mehr als 100 Zuhörer waren zur 4.Ebelebener Werkstattlesung in den großen Saal der Mühlhäuser Werkstätten für Behinderte e.V. gekommen, um die gebürtige Mühlhäuserin Erika Riemann zu hören. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes stellte ihre beiden Bücher Die Schleife an Stalins Bart und Stalins Bart ist ab vor. Bürgermeister Uwe Vogt begrüßte die vielen erschienenen Zuhörer aller Altersgruppen.
Den weitesten Weg hatte der stellvertretende Bürgermeister der Partnergemeinde Mitwitz, Jürgen Kern, auf sich genommen. Er war mit seiner Gattin zu bislang allen Lesungen nach Ebeleben gekommen. Auch andere politische Amtsträger waren anwesend, so die Jugendamtsleiterin des Landratsamtes, Sabine Bräunicke, die Bürgermeisterin der Nachbarstadt Schlotheim, Margita Otto, oder der Ortsteilbürgermeister von Holzthaleben, Jörg Esser. Die Veranstaltung wurde in bewährter Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen organisiert. Die zuständige Referatsleiterin Beate Dittmar war selbst nach Ebeleben gekommen, um die Lesung zu hören.
Der Maler Paul Leinemann aus Thalebra hatte wieder interessante Werke ausgestellt. Neben regionalen Themen waren insbesondere die zur Lesung passenden Werke Angst und Wiedervereinigung zu bestaunen. In bewährter Form sorgte das Team der Mühlhäuser Werkstätten unter Leitung von Dieter Lamczyk für eine ansprechende Gastronomie, und die Töpferei gewährte einen Einblick in die angefertigten Arbeiten der Klienten. Schließlich bot die Bücherstube Neumann aus Niederspier die Werke von Frau Riemann zum Kauf an.
Wie immer gab Claudia Vogt eine Einstimmung zur Werkstattlesung und baute die entsprechende Spannung für die Zuhörer auf. Man sei in Ebeleben besonders stolz, eine so bekannte Autorin verpflichtet zu haben, die ihre Wurzeln in Nordthüringen hat. Man könne dankbar sein, über Frau Riemanns Schicksal näheres zu erfahren, das vor über sechs Jahrzehnten in Mühlhausen seinen Lauf nahm. Schließlich gibt es nicht mehr viele Zeitzeugen, die aus dieser Zeit aus eigenem Erleben berichten können.
Von der Qualität der Lesung zeugt der Umstand, dass während der über einstündigen Lesung absolute Stille im Saal herrschte und oft das Mitgefühl und die Betroffenheit für das Erlebte im Leben der Autorin spürbar war.
Im Sommer 1945 ist Mühlhausen ist seit kurzem von der Roten Armee besetzt. Erika Riemann (damals Grabe), ein fünfzehnjähriges, lebenslustiges Mädchen, arbeitet als Lehrling in einem Friseurladen. Kein guter Start ins Berufsleben, wie sie findet, denn sie möchte doch lieber Akrobatin werden. Als sich eines Tages eine sowjetische Offizierin im Salon einfindet, kommt es zur Brüskierung. Erika will der Frau die Haare nicht waschen, da diese total verlaust sind. So wird die Majorin aus dem Salon geschickt. Frau Riemann, die sich selbst als aufmüpfig bezeichnet, begeht wenige Tage später einen fatalen Fehler, indem sie ein Stalinplakat verschönert", indem sie es mit einer Schleife an seinem Bart versieht, aufgemalt mit einem roten Lippenstift. Es dauert nur wenige Tage, bis zwei uniformierte Männer erscheinen, um das Mädchen abholen. Sie kommt ins Gefängnis nach Ludwigslust und wird vielen Repressalien ausgesetzt, bei deren Schilderungen den Zuhörern der Atem stockte. Schließlich wird sie für Wehrwolftätigkeit zu zehn Jahre Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt, die letztendlich in ostdeutschen Gefängnissen abgesessen werden müssen und nach acht qualvollen Jahren zu Ende sind.
Nachdem Erika Riemann ihr Buch geschrieben hatte und in vielen Veranstaltungen (u.a. auch im Fernsehen bei RTL) von ihrem Schicksal berichtet hatte, war sie der Meinung, ihre Arbeit getan zu haben. Jedoch war das Echo auf ihr erstes Buch so überwältigend, dass sie ein zweites Buch schrieb, wo sie über ihre Erfahrungen nach Veröffentlichung des ersten Bandes berichtet. Sie schreibt darin u.a. von einer Vorlesung in der Universität Petropawlowsk/ Kamschatka. Sie liest also in Russland, dem Land, wo auch die Verantwortlichen für ihren achtjährigen Leidensweg herkamen. Deutlich sagt die Autorin, dass sie nichts von Gleichmacherei hält und nicht alle Russen hasst. Zeitweise nahm sie sogar einen Russen als Untermieter in ihre Hamburger Wohnung auf. Bei ihren zahlreichen Auftritten kam es immer wieder zu interessanten Nachfragen, die es einfach Wert waren, festgehalten zu werden.
Nach der emotional beeindruckenden Lesung signierte die Autorin ihre Werke, bevor es in eine interessante Diskussion ging. Hier schilderte sie u.a., wie schwer es selbst war, den eigenen Kindern gegenüber von ihrem Schicksal in der Jugendzeit zu berichten. Im Rahmen von Opferverbänden trifft sich Frau Riemann noch heute mit Gleichgesinnten, um die schwierige persönliche Vergangenheit aufzuarbeiten.
Nun muss sich Frau Riemann, fast 80- jährig, einer Herzoperation unterziehen und somit war Ebeleben erst einmal eine der letzten Stationen ihrer Buchlesungen. Bürgermeister Vogt wünschte der Autorin für den medizinischen Eingriff im Namen der Anwesenden alles Gute und hofft, dass sie danach wieder ein breites Publikum über ihr Schicksal in Form von Lesungen aufklären kann. Mit einem lang anhaltenden Beifall wurde Frau Riemann für diesen emotionalen Höhepunkt im Ebelebener Kulturleben gedankt.
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